Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Christina Porod · 24. Apr 2014 · Kleinkunst, Kabarett

Bankster und andere Ganoven - I Stangl bescherte einen köstlichen Abend im Theater am Saumarkt in Feldkirch

„Unter Geiern - Über Bankster & andere Ganoven“ heißt das Programm, mit dem der österreichische Kabarettist I Stangl am gestrigen Mittwochabend im Theater am Saumarkt gastierte. Die Publikumsschar war überschaubar, was zu Beginn vom Künstler selbst humoristisch festgestellt wurde. Auch die ersten Reihen blieben leer. „Habt Ihr Angst vor mir? - I bin ganz a Liaba.“ Dem würde wohl so mancher Politiker nicht beipflichten. I Stangl, der mit bürgerlichem Namen Karl-Ernst Stangl heißt, nimmt sich nämlich nicht nur der Finanzwelt und der Verfehlungen seiner eigenen Generation an, sondern eben auch so mancher Politiker.

Nach einer kurzen Angewöhnungsphase redet sich I Stangl rein in sein Programm und in die Gunst des Publikums. Die erste Hälfte bringt einen spritzigen Blick auf das internationale Finanzwesen. Die gewaltigen Geldsummen, wie etwa 110 Billiarden Euro Spekulationsgelder, die laut Stangl weltweit im Umlauf sind, macht er anschaulich, um sie sich emotional besser vorstellen zu können: Wechselt man diesen Betrag in 1-Euro-Münzen und stapelt sie aufeinander, so reicht der Turm bis zur Sonne - und dann nochmal so weit hinauf. Felix „Dumpfbacke“ Baumgartner würde 30 Jahre zurück zur Erde brauchen, wenn er von diesem Münzenturm springt – ohne Pause selbstverständlich. Man könnte sich 1 Milliarde Porsche Carrera kaufen oder 3,5 Millionen Jahre einen Hedge-Fonds-Manager abfotzen bis er sich 110 Billiarden Watschen eingefangen hat.
Mit übermütig wirbelnden Händen und den seitlichen Wuschelkopf raufend, beleuchtet der 60-Jährige mit bissigem Witz auch „die schöne geile Wachstumswelt“, denn „geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut". Auch das Einkaufsabenteuer seit der Post-Privatisierung ist Gegenstand seiner ironischen Freude. „Endlich kann man in deren Filialen Gurkenschäler kaufen.“

Mit scharfkantigem Humor lässt sich Stangl über die Wirtschaftskrise, die Banken oder die Spekulanten aus. Aber das ist längst nicht alles: In der zweiten Programmhälfte legt Stangl so richtig los, wenn er sich Politiker, Parteien, Bildung und die Medien vornimmt.

Verschiedenste Lach-Facetten


Die verschiedensten Lach-Facetten lockt der gebürtige Mödlinger aus seinem Publikum heraus. Vom einfachen Schmunzeln übers herzhaft ausgelassene Lachen bis hin zum Lachen hinter vorgehaltener Hand ist alles dabei – das Lachsammelsurium verstärkt sich noch nach der Pause. Da verlässt I Stangl die Finanzwelt und macht sich über die Verfehlungen seiner eigenen Generation, aber auch über seine Feindbilder aus Unterhaltung und Politik her. „Menschen mit Bildung produzieren einen Duftstoff, der jeden FPÖler sofort in Rage bringt.“ Bei Faymann fällt ihm immer das giftgrüne, zähflüssige Spielzeug „Slime“ ein. Zudem ist Stangl aufgefallen, dass Faymann keinen Schatten wirft, denn nicht einmal der will ihm folgen. Spindelegger wiederum ist nur ein Schatten. Außerdem liefert er noch eine köstliche Stronach-Parodie und findet Parallelen von Jörg Haiders Todesfahrt in einem VW Phaeton zu Ovids Metamorphosen. Als Beweis trägt er gleich einen Auszug daraus vor.

Der Kabarettist als Richter


Als Zugabe mimt I Stangl den entschiedenen Richter und fällt Urteile über Grasser, Schüssel oder Strasser: „Ich verurteile Sie, Ernst Strasser, wegen fortgesetzten Blödgrinsens in der Öffentlichkeit und wegen Vergewaltigung der englischen Sprache durch Satzbildungen wie ‚It opens a door in another way as you go in there as a lobbyist’ zu lebenslänglichem Englisch-Fernstudium in Einzelhaft auf einer Luftmatratze im Ärmelkanal bei Dauer-Windstärke 12.“ Kurzum, ein gelungener Abschluss eines wirklich gelungenen Abends, an dem der einzige Blick auf die Uhr erst mit dem Schlusssatz fällt.

 

www.saumarkt.at
www.heitere-aussichten.at/stangl.html