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Peter Fischer · 26. Nov 2015 · Gesellschaft

Bildungspseudoreform: Mit Trippelschritten zurück in die Zukunft

Eine Stellungnahme der ARGE Gemeinsame Schule zur „Bildungsreform“.

Der Begriff „Reform“ spricht dem, was die Regierung als Bildungsreform vorlegt, hohn und ist eine maßlose Übertreibung.

Das Einzige, was als Reformansatz gesehen werden kann, ist die Tatsache, dass im Elementarbereich und in der Schuleingangsphase einige Änderungen kommen werden – wahrscheinlich als Kompensation für die im Gesetz „PädagogInnenbildung Neu“ versäumte Berücksichtigung der verpflichtenden tertiären Ausbildung für KindergartenpädagogInnen. Ein bisschen reformverdächtig ist auch die Autonomie der Schulen, allerdings mit der großen Einschränkung, dass alles kostenneutral sein muss.

Chuzpe ist die von den beiden ChefverhandlerInnen Heinisch-Hosek (SPÖ) und Mahrer (ÖVP) als großen Wurf bezeichnete Verwaltungsvereinfachung mit Bildungsdirektionen, die jetzt halt eine Bund-Länder-Behörde sind. Damit bleibt die unselige politische Einflussnahme der Landeshauptmänner und des Bundes auf die Schule unverändert, auch wenn man der „Missgeburt“ einen neuen Namen gibt.

Eine unglaubliche Provokation und Desavouierung aller Reformwilligen ist der Vorschlag, dass die Einführung einer Modellregion für 6- bis 14-Jährige auf 15 % pro Bundesland beschränkt wird. Allen wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Trotz dürfen damit nur ein paar Schulen pro Bundesland diese Gemeinsame Schule ausprobieren. Dabei gäbe es als Vorbild genügend seit Jahrzehnten bewährte Schulsysteme in den meisten Ländern der Welt. Mit dieser unverständlichen Einschränkung werden die intensiven Bemühungen der Bundesländer Wien und Vorarlberg, wo alle im Landtag vertretenen Parteien sich für eine Modellregion Vorarlberg ausgesprochen haben, konterkariert. Somit werden nach Jahrzehnten des Stillstands und 5367 Schulversuchen an 2900 Schulstandorten längst überfällige Änderungen im Schulsystem wiederum verhindert. Noch viel schlimmer sind die Folgewirkungen dieser eklatanten Versäumnisse auf die vielen Kinder, die aufgrund ihrer Herkunft von vornherein benachteiligt werden. Dass das Folgen auch für den Arbeitsmarkt hat, haben u. a. auch die ÖVP-nahe Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer die letzten Jahre immer wieder betont, von den jahrzehntelangen Forderungen der SPÖ nach einer Gemeinsamen Schule gar nicht zu reden!

Wiederum wird eine große Chance vertan und pädagogische Erfordernisse auf dem Altar der Ideologien geschlachtet. Anstatt Flüchtlingen eine Wertebildung vorzuschreiben, wäre es höchste Zeit für die Bundesregierung, diese Werte selber zu leben und sich ihrer sozialdemokratischen und christlichen Werte, die in ihren Parteiprogrammen verankert sind, zu besinnen!

Die ARGE Gemeinsame Schule, der 24 Vereine und Initiativen angehören, wird sich weiterhin vehement dafür einsetzen, dass diese Gemeinsame Schule und andere Reformen kommen werden, die die Bezeichnung „Reformen“ auch tatsächlich verdienen.