Uraufführung des Stückes „Stromberger oder Bilder von allem“ im Vorarlberger Landestheater (Foto: Anja Köhler)
Gunnar Landsgesell · 13. Jul 2017 · Film

Zum Verwechseln ähnlich

Wenn weiße Eltern ein schwarzes Kind adoptieren, ist das nichts Ungewöhnliches. Was aber, wenn schwarze Eltern ein weißes Kind adoptieren? Die französische Komödie "Zum Verwechseln ähnlich" versucht den Perspektivwechsel und verliert sich dabei fast selbst in der neuen Unübersichtlichkeit.

Das Leben des afro-französischen Paares Salimata (Aïssa Maïga) und Paul Aloka (Lucien Jean-Baptiste, auch Regisseur des Films) ist eine Baustelle, und das gilt nicht nur für deren Wohnung. Lange schon planen sie die Adoption eines Kindes, und nun überstürzen sich die Ereignisse. Das Jugendamt hat Sali und Paul als neue Eltern für den kleinen Benjamin auserkoren. Einziges Bedenken aus Sicht der Vertreterin Claire (Zabou Breitman): der Kleine ist weiß. Für die überglücklichen Eltern ist das kein Problem, für die gesamte Umwelt schon. Die Eltern von Sali mit senegalesischen Wurzeln wollen ein schwarzes Kind, solange es nicht aus dem Kongo stammt. Nun, wo Benjamin da ist, wären sie noch über den Kongo froh gewesen. Und auch die Vertreterin des Jugendamts kann nicht mit der Entscheidung leben und beginnt die junge Familie mit Besuchen und bohrenden Fragen zu drangsalieren. Aber auch Sali zeigt sich zunehmend frustriert, wird sie von ihrer Umgebung doch für die Babysitterin oder gar eine Kriminelle, aber nie für die Mutter gehalten.

 Wir sind die erste Benetton-Familie

„Zum Verwechseln ähnlich“ (Original: Il a déjà tes yeux) ist eine jener französischen Komödien, die ein gesellschaftliches Anliegen im Fahrwasser des Humors ironisieren und dafür auch das Publikum sensibilisieren möchten. Die Frage der Eltern im Film, was der Kleine später wohl werden soll, gilt insofern auch für den Zuseher. „Journalist, er könnte Journalist werden. Dann kann er die Welt verändern“, schlägt Sali vor. „Nein“, entgegnet Paul, „wir verändern die Welt. Wir sind die erste Benetton-Familie. – I had a dream, das sind wir.“ Von einer solchen Vision ist „Zum Verwechseln ähnlich“ freilich weit entfernt. Zu kleinteilig konzipiert, zerfällt die starke Idee des weißen Kindes mit den schwarzen Eltern in zahlreiche Nebenschauplätze. Ein Freund des Hauses, der bei den Renovierungsarbeiten mithilft, aber jede Arbeitsmoral vermissen lässt, wirkt vom Zentrum der Erzählung ebenso weit entfernt wie die Jugendamt-Mitarbeiterin selbst, deren Motivationen man nie richtig nachzuvollziehen vermag. Zwar wirkt „Zum Verwechseln ähnlich“ mit seinen gediegenen Humoreinlagen recht bekömmlich, doch der behauptete Irrwitz der verqueren Situationen strömt von diesem Mittelstandsehepaar nicht gerade aus. Eigentlich ist die Mutter von Sali die wahre Comedy-Heldin dieses Films. Energisch und völlig überdreht, wechselt Marie-Philomène Nga ihre Gesichter von grotesker Verachtung bis zu hintersinniger Ironie. Vielleicht hätte man ihr das Kind anvertrauen sollen, wenn mal wieder jemand die Mutterschaft wegen der falschen Hautfarbe anzweifelt.