Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Gunnar Landsgesell · 09. Jun 2016 · Film

Väter und Töchter - Ein ganzes Leben

Pulitzer-Preisträger (Russell Crowe!), der um sein Töchterchen und gegen psychotische Anfälle kämpft. "Fathers and Daughters" ist gut gemeint, aber die falsche Arena, nicht nur für den Gladiator.

Der Gladiator ist angeschlagen. Als der Pulitzer-Preisträger Jake Davis (Russell Crowe) nach einer Lesung in einem Buchladen eine Ausgabe signieren möchte, beginnt es schon wieder, das unheimliche Zittern seiner Hand. Und so wie zum Beispiel im Siebzigerjahre-Horrorfilm „The Exorcist“ weiß man auch hier sogleich, dass der psychotische Anfall in den nächsten Sekunden so unerbittlich Besitz von Davis’ Körper ergreifen wird wie damals der böse Geist von der armen Linda Blair. Es ist zugegebenermaßen ein leichtes, über „Fathers and Daughters“ seine Witze zu reißen. Das Melodrama von Gabriele Muccino („The Pursuit of Happyness“) könnte ein Lehrfilm dafür sein, wie man es nicht machen soll. Das beginnt bei der unglücklichen Besetzung Crowes, der zwar selbst von der ihm angebotenen Rolle begeistert gewesen sein soll, aber nicht ansatzweise in die Rolle des lyrisch orientierten Literaten findet. Selbst die schwere Krise, in der dieser bullige Kerl stecken soll, nimmt man ihm nicht ab. Nachdem er den Unfalltod seiner Frau mitverschuldet hat, wird er nun zwischen der Obsorge seiner kleinen Tochter, schweren psychotischen Anfällen und berechnenden Verwandten, die ihm das Kind zwecks Adoption entreißen wollen, ordentlich durchgebeutelt. Viele Unbilden also, die mangelnde Intensitäten nicht zu kompensieren vermögen.

Walzer zum Unglück


Regisseur Muccino findet aber auch für die Dramaturgie seines Stoffes keine adäquate Form. Er entschied sich, seine Erzählung zeitlich zu splitten: Das Kindheitsdrama bietet eigentlich nur die erklärenden Rückblenden zur Gegenwartserzählung, in der aus dem süßen, blonden Töchterchen eine Studentin der – richtig – Psychologie – geworden ist. Katie Davis (Amanda Seyfried), beziehungsunfähig und zugleich von einem innigen Helferdrang beseelt, ist aufgrund ihrer frühkindlichen Erlebnisse nicht minder durchgebeutelt wie ihr Vater. Und, so wie er, arbeitet auch sie Jahrzehnte später wie in einer melodramatischen Endlosschleife daran, dass es besser wird. So richtig einlassen kann sich der Zuseher aber auf keinen der beiden Handlungsstränge, zu rasch wird hier mit Krisen und Gefühlen hin- und herjongliert. Zuweilen mit grotesken narrativen Anschlüssen. In der eingangs erwähnten Szene stürzt Crowe von seinem Autorenpult, die Zuckungen kaum mehr unterdrückend, in ein Nebenzimmer, wo die Kamera Muccinos ihn bereits erwartet, um den körperlichen Zusammenbruch aus nächster Nähe ins Bild zu setzen. Crowe reißt, als er Halt sucht, ein paar Bücher aus einem Regal, als urplötzlich Walzertöne den körperlichen Zusammenbruch zu untermalen scheinen. Erst verzögert erkennt man, dass es sich um eine (wiewohl für den Moment völlig unpassend eingespielte) Erinnerung handelt, wenn man sogleich den Vater – mit der kleinen Tochter im Arm – zum Walzer tanzen sieht. „Fathers and Daughters“ ist ein seltsamer Fall. Es gibt zweifellos Filme, die belangloser und uninspirierter daherkommen, denn die Konstellation dieser Geschichte weckt durchaus Interesse. Aber irgendwie läuft hier alles verkorkst. Da können auch Quvenzhané Wallis („Beasts of the Southern Wild“, „12 Years a Slave“) als verstummtes Mädchen, Jane Fonda als viel zu blass inszenierte Verlegerin und auch die 11-jährige Kylie Rogers mit gut ausgestelltem Kindchenschema nichts ausrichten.