Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Gunnar Landsgesell · 06. Okt 2016 · Film

Sausage Party - Es geht um die Wurst

Was, wenn unsere Lebensmittel leben würden und jeder Biss in einen Hot Dog diesem Schmerzen verursacht? "Sausage Party" ist ein wahnwitziger Animationsfilm, der die Konsumgüter eines Supermarktes in eine quicklebendige Komödie und - zu uns selbst - in ein bizarres Verhältnis bringt.

Hot Dog und Bun (das Brötchen) sind wie für einander geschaffen. Wären sie Lebewesen, könnte man von einer romantischen Vereinigung sprechen. Genau darin liegt die Crux in „Sausage Party“: Ein Supermarkt voller Konsumgüter ist zum Leben erwacht und alle von ihnen fiebern ihrem Kauf entgegen. Denn, so will es der feste Glauben unter all den quicklebendigen Würstchen, Chips, Senfgläsern, Kohlköpfen, Bananen und Schleckern, sobald sie von einem Kunden, einer Kundin „auserwählt“ werden, kommen sie in das „Great Beyond“; und das ist so etwas wie für die Menschen das Paradies.

Wahnwitz mit Methode

„Sausage Party“ ist mit Sicherheit der wahnwitzigste Film dieses Jahres. Nicht, weil es sich um ein Meisterwerk handeln würde, das ganze ist ziemlich grobschlächtig. Aber wie die Grenzen des Denkmöglichen hier ausgedehnt werden, konsequent mit einem absurden Bezug zur Konsumkritik ausgestattet, ist oft witzig, noch öfter traurig und – in der überdeutlichen Sexualisierung der kleinen Wesen, die hoffnungsfroh den Supermarkt bewohnen – in jeder Hinsicht frech. Man fragt sich, mit welchem Gefühl ein Kind in ein Sandwich beißt, würde es diesen Film sehen. (Aber dieser Satz liest sich wie eine Werbezeile zum Film.)
Im Zentrum des Geschehens stehen Frank, ein Frankfurter (bzw. Wiener) Würstchen mit der Stimme von Brachialkomödiant Seth Rogan, sowie seine Angebetete, Brenda Bunson, ein Hot-Dog-Brötchen, eingesprochen von der Superkomödiantin Kristen Wiig. Beide stehen eingepfercht mit ihren Genoss/innen in ihren Cellophan-Packungen in einem Regal und sind ob eines baldigen Kaufs schon etwas erotisiert. Flop, flop, wie beim Tennis gehen die anzüglichen Witzchen hin und her. Als jedoch eine Kundin bei einer Reklamation ein Senfglas zurückbringt, hat die Supermarktgesellschaft plötzlich einen Augenzeugen der schrecklichsten Wahrheit mitten unter sich.

„Sausage Party“ erweist sich nach den fröhlichen musikalischen Einlagen zu Beginn als teils klaustrophobische Parodie auf Animationsfilme von Pixar und Disney, zugleich aber auch um motivische Elemente John Carpenters „They Live“, „Alice in Wonderland“ und Kannibalen-Filmen aus den Achtziger Jahren angereichert.
Trotz derber Einlagen, auch ein Einlaufgerät erwacht hier etwa zum Leben, kommt man nicht umhin, die Protagonisten von „Sausage Party“ schon bald als empfindsame Wesen anzusehen, denen eine gewisse Anteilnahme schwer zu verwehren ist. Auch wenn die Jokes sich, wie so oft bei (den Drehbuchautoren) Seth Rogan, Evan Goldberg und Jonah Hill oftmals selbstzweckhaft als Zoten verselbstständigen, bleibt die eigentümliche Idee dieser Geschichte doch bis zum Ende wirksam. Dem „Wiener“ (im US-amerikanischen gleichbedeutend mit dem männlichen Geschlechtsorgan) zum Trotz.