Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Gunnar Landsgesell · 04. Aug 2016 · Film

Lights Out

Ein kleiner, zielstrebiger Horrorfilm, der die Schrecken eng an eine Familiengeschichte und speziell eine psychisch labile Mutter anbindet. Da taucht plötzlich eine schattenhafte Gestalt auf, die Diana heißt, und schon bald auch die Kinder beunruhigt. Man kann es sehen, wie man will: Gilt es, eine alte Schuld aus der Vergangenheit zu tilgen, oder muss die Mutter sich selbst am Schlafittchen packen und professionelle Hilfe akzeptieren?

Der kleine Martin (Gabriel Bateman) hat schon seit einigen Nächten kaum geschlafen. Seltsames tut sich im Haus seiner Eltern. Vater gibt es keinen und die Mutter (Maria Bello) verhält sich grundlos distanziert. Sie hat die Vorhänge zugezogen und als Martin in der Nacht aus seinem Bett steigt, hört er seine Mutter im leeren Haus Gespräche führen. Er geht in ihr Schlafzimmer und sieht sie dort stehen. Sie wirkt ein wenig aufgebracht, nervös gestikulierend. Aber sonst ist hier niemand. Die Kamera filmt die Situation dennoch so, als fände hier ein Dialog statt. Aber nicht zwischen Martin und der Mutter, sondern zwischen ihr und dem gähnend schwarzen Loch eines Wandschranks, das immer wieder beunruhigend in Martins Blick fällt. Spinnt seine Mutter oder hört er ein Geräusch aus dem Dunkel?

Schattengestalt wie ein Scherenschnitt


"Lights Out" ist kein Psychothriller, der als Möglichkeit offenlässt, ob man die psychische Verstörung als eigene Wahrnehmung übernehmen möchte oder ob dieses Haus wirklich zum Ort übernatürlicher Phänomene wird. Die schwarze Gestalt, die man auch selbst schon bald sichten wird, sobald das Licht abgedreht ist, und damit der Horror scheinen real. Denn seinen eigentlichen Ausgang nimmt die Erzählung von Martins Halbsschwester Rebecca (Teresa Palmer), die schon früh aus dem Haus ausgezogen ist. Sie führt nun ihr eigenes Leben, baut gerade eine Beziehung mit Bret (Alexander DiPersia) auf, wirkt aber sehr vorsichtig, fast gezeichnet von früheren Erlebnissen, die ihr Vertrauen in andere Menschen nachhaltig geprägt haben. Als Rebecca ihren Halbbruder zu sich aufnimmt, stellt Bret ihr die Frage: Tust du das, um deine Mutter zu treffen, oder, weil du wirklich Martin helfen willst? Es ist ein Familiendrama ohne besondere dramaturgische Entwicklung. Regisseur David F. Sandberg ist vor allem an der punktuellen Setzung seiner Thrills interessiert, über die sich das Geschehen zuspitzt. Als Rebecca eines Nachts von Kratzgeräuschen aufwacht und eine kauernde Gestalt im Wohnzimmer sieht, während der kleine Martin nebenan schläft, weiß sie, dass die Schatten dieser Familiegeschichte nun auch sie wieder eingeholt haben. Als sie am nächsten Morgen eine krakelige Schrift im Holzboden eingraviert sieht, Diana steht hier, wird klar, dass sich die Geister der Mutter manifestiert haben und es nun kein Zurück mehr gibt: die schuldbeladene Familienhistorie muss aufgearbeitet werden.
"Lights Out" entspringt keiner komplizierten Idee, weiß aber, wo es lang gehen soll. Wie zu einem letzten Exorzismus ruft er diese Familie noch einmal zusammen. Die Charaktere verfügen über genügend Eigenständigkeit, um die kleinen Schocks dieser mit Haunted-House- und Gothic-Elementen operierenden Inszenierung spürbar zu vermitteln. Diana, die schwarze Scheme, eignet sich nicht als Star wie eine der ikonischen Mörderfiguren postmoderner Horrorfilme, sondern ist Mittel zum Zweck. Simpel entworfen wie ein Scherenschnitt, scheint ihre rohe physische Gewalt scheinbar immer von woanders her zu kommen, aber nicht von ihr selbst. Denn diese Gruselfigur ist höchst ephemer, sobald jemand den Lichtschalter betätigt oder den Lichtkegel seiner Taschenlampe hinwirft, ist sie weg. Doch es gibt genug Schatten in dieser Geschichte, um aus jedem neuen Dunkel wieder zu attackieren.