Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Gunnar Landsgesell · 24. Okt 2013 · Film

Jackass Presents: Bad Grandpa

Johnny Knoxville wirft noch einmal die Vermarktungswunderkiste „Jackass“ an und kehrt als 86-jähriger Tolpatsch ins Kino zurück. Gewagte Körperstunts und Ekelprüfungen sind mit diesem Alter nur mehr bedingt möglich. Was bleibt, sind ein paar müde Possen. Immerhin: Der achtjährige Enkel findet Opa dabei sehr lustig.

Die ältere Generation hat nicht immer nur nützliches an die Jüngeren zu vererben. Jedenfalls nicht in „Jackass Presents: Bad Grandpa“. Der Schmerzkünstler Johnny Knoxville reist darin ziemlich gealtert mit seinem kleinen Enkel durch die USA (soweit die Handlung) und gibt dabei durchwegs ein schlechtes Vorbild ab. Ein Beispiel: Grandpa öffnet seinen Hosenstall und holt für die peinlich berührte Frau ihm gegenüber, tja was, einen Strauß Plastikblumen heraus. Die Frage stellt sich nun: Sind Scherze wie diese die Anleitung dafür, wie man würdelos altert oder hat der einstige Held der MTV-Generation einfach keine Eier mehr? Oder, noch eine Möglichkeit, war Jackass ohnehin nie mehr als ein gut geschmierter Box-Office-Apparat, mit dem das Publikum auf wohlkalkulierte Weise abgegriffen wurde? Wie auch immer, mit ähnlich anspruchsvollen Ulkeinlagen wie diesen kehrt der Spassist Knoxville nach diversen Sequels nun ein weiteres mal auf die Leinwand zurück, um nun als seniler Tolpatsch mit viel Make-up sein soziales Umfeld durch viel Bad Taste zu schockieren. Tatsächlich erinnert die aufgebahrte Leiche, die Grandpa vor aufschreienden Angehörigen irrtümlich aus einem Sarg kippt sowie andere Ungeschicklichkeiten eher an die lauen Parts von „Borat“ aka Sacha Baron Cohen als an die Akrobatik der Jackass-Filme. Oder auch an das  TV-Format der versteckten Kamera, denn auch bei Knoxville wurden Menschen angeblich unwissend in die Inszenierung eingebaut. Das bemühte Treiben als bieder zu bezeichnen, wäre nur ein Teil der Wahrheit, es ist vielmehr bescheiden. Das liegt vor allem an der von matter Zerstörungswut getriebenen Figur des Bad Grandpa selbst, für die immerhin auch Spike Jonze („Being John Malkovich“) wieder am Drehbuch mitschrieb. Grandpa erinnert entfernt an den Protagonisten einer bösen Komödie namens „Bad Santa“, die Terry Zwigoff („Ghost World“) vor zehn Jahren inszeniert hat. Darin werden mit großer Freude heilige gesellschaftliche Rituale befleckt , wenn Billy Bob Thornton darin einen kinderhassenden, versoffenen, mieselsüchtigen Kaufhaus-Weihnachtsmann mimt. Bad Santa vermag bis heute –  vornehmlich zur Weihnachtszeit – sein Publikum mit punktgenauer Misanthropie an sich zu binden. Anders eben als der empathielose Opa Knoxville.

Würdelos Altern

Gesellschaftskritik war natürlich nie das Ansinnen von Jackass. Sich etwa von einer Schnappschildkröte in den nackten Hintern beissen zu lassen, diente vielmehr dem Zweck, ausgestellte Schamhaftigkeit mit pubertärer Selbstdestruktion zu verbinden und die Parole „Schmerz ist geil“ unter Millionen fun-orientierter Teenager zu tragen. Die völlige Sinnfreiheit dieser Aktionen bot dazu den größten Gewinn und der body horror die Ich-Botschaft dazu. Dass sich Grandpa nun als Pensionist schadlos an den Anderen hält, mag sein gutes Recht sein. Und immerhin, sein achtjähriger Enkel findet die Explosionen, Stolpereien, umgefahrenen Pinguine und andere Mißgeschicke ja doch ziemlich lustig.