Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Gunnar Landsgesell · 31. Mär 2017 · Film

Die versunkene Stadt Z

Die versunkene Stadt Z erzählt von einem britischen Forscher Anfang des 20. Jahrhunderts, der im Amazonasgebiet eine alte, hochentwickelte Kultur entdeckt haben will. Zwischen Regenwald und Großbritannien pendelnd, baut sich seine Obsession auf, das zu beweisen. Ein Stück altmodisches Abenteuerkino, das seinen Charme daraus bezieht, sich jeder dramaturgischen Zuspitzung zu verweigern.

"Die versunkene Stadt Z" ist ein Abenteuerfilm, der wie aus der Zeit gefallen scheint. Percy Fawcett (Charly Hunnam) ist ein Soldat der britischen Armee, der Anfang der Zwanziger von der Royal Geographic Society in das Amazonasgebiet entsandt wird, um dort die Grenze zwischen Brasilien und Bolivien zu vermessen. Zwar finden sich hier alle Gefahren, die auch "Indiana Jones" begegnen könnten: Kannibalen, Krankheiten, Aufstände, Hunger und Piranhas, aber Regisseur James Gray ist an deren Dramatisierung nicht sonderlich interessiert. Die Kannibalen werden durch das Absingen einer britischen Hymne besänftigt und eine wohl giftige Schlange windet sich an einem Schuh entlang, ohne dass sie Fawcett oder seinen Assistenten sonderlich ängstigen würde. Die Weiten des Amazonas präsentieren sich in den Bildern von Kameramann Darius Khondji als freundliches  Regenwaldhaus, in dem vor allem eines gesucht wird: Ruhm und Ehre, wie sie zu dieser Zeit großen "Entdeckern" gebührte. Auch Fawcett scheint weniger von der Schönheit des Waldes oder desssen Mysterien angezogen als der Chance, in seiner Heimat berühmt zu werden. Als er ein paar tönerne Artefakte findet, ist er überzeugt, dass sich hier einmal eine große Zivilisation befunden habe. Das zu beweisen wird zur Triebfeder weiterer Expeditionen.

Des Menschen Streben...


Regisseur James Gray ist vor allem der Persönlichkeit des Forschers selbst auf der Spur, und hat dabei einige Schwierigkeiten, ihn zu fassen. Während 140 Minuten folgt er Fawcett kursorisch auf seinen Expeditionen, schiebt sich mit ihm zwischendurch in die Erdgräben der Front des Ersten Weltkrieges und kehrt mit ihm zu kurzen Aufenthalten zu seiner Familie zurück. Während die Amazonas-Expeditionen immer ein bisschen entrückt, wie durch einen Schleier beobachtet wirken, erweist sich die Familie in "The Lost City of Z" als wahres Schlachtfeld. Die Kinder entfremdet, erkennen ihren Vater nicht mehr, während er selbst ihnen mit der gleichen Distanz begegnet. Seine Ehefrau Nina - von Sienna Miller energisch verkörpert -  steckt zugunsten ihres Mannes zurück und verweist auf das Rollenbild einer Frau, die ihre Fähigkeiten verleugnen muss, um sich der Familie und dem Mann unterzuordnen. In einem abendlichen Duell fordert Nina ihren Mann auf, sie auf die nächste Expedition mitzunehmen, immerhin habe sie Kenntnisse über alte Kulturen, die er vermisse. Der Urwald sei nichts für Frauen, schon körperlich, schmettert der Forscher das ab. Tatsächlich geht es Fawcett darum, sich in der Royal Geographic Society zu profilieren. Er tritt gegen die weitvertretene These an, die Völker Amazoniens hätten niemals eine Zivilisation hervorgebracht. Dass Abenteuer männlich sind, zeigt sich an der letzten Forschungsreise, zu der er sich mit seinem mittlerweile adulten Sohn aufmacht. "The Lost City of Z" hat sich zu diesem Zeitpunkt bereits als Stück altmodisches Erzählkino bewährt, das teilweise schrullig wirkt und teils an dramaturgischer Zuspitzung mangelt. Andererseits verharrt Gray konsequent im Modus dieser Zeit, in der es eine Sensation war, dass ein Europäer sich in den Regenwald Amazoniens vorwagt. So fügt sich schließlich auch die Frau der Bestimmung ihres Entdeckergatten, wenn sie sagt: "Des Menschen Streben sollte mehr sein, als er ergreifen kann. Wozu wäre sonst der Himmel da?"