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Gunnar Landsgesell · 13. Aug 2015 · Film

Dating Queen / Trainwreck

"Totales Desaster" verspricht der Originaltitel "Trainwreck" in dieser Beziehungskomödie von Judd Apatov, in der die Stand-up-Comedian Amy Schumer höchst unterhaltsam mit Genderrollen und einem nerdigen Frauenbild spielt.

Um Regisseur Judd Apatov („Knocked Up“, „Immer Ärger mit 40“) einen etwas raffinierteren, aber dennoch ur-komischen Humor abzutrotzen, brauchte es offenbar eine Frau wie Amy Schumer, die bereits seit Längerem als Stand-up-Comedian auf der Bühne vorführt, wie über Geschlechterverhältnisse auch gelacht bzw. gedacht werden kann. Schumer schrieb sich für ihr Kinodebüt die Rolle einer von Witz und Chaos angetriebenen Journalistin auf den Leib, die während ihrer Recherche den liebenswerten, wenngleich etwas farblosen Sportarzt Aaron (Bill Hader) kennenlernt. Auf diese wackelige, von befremdlichen Momenten durchwachsene Beziehung, vor allem aber auf das Leben der Protagonistin selbst bezieht sich auch der Originaltitel des Films: „Trainwreck“, was soviel heißt wie „totales Chaos“. Verglichen mit anderen Apatov-Arbeiten wirkt „Dating Queen“ – so der platte deutsche Synchrontitel dieser durchaus gefinkelten Komödie – geradezu konventionell in seiner geordneten Dramaturgie. Ein klarer Erzählrhythmus, keine Szenen, die seltsam ins Leere laufen und eine mit menschlicher Wärme ausgestattete Protagonistin, die ihre Schwächen und Zweifel mit gespielter Unsicherheit sogar noch herausstreicht. Wenn Amy beim Sex mit einem Bodybuilder vorschlägt, dass er auch mal etwas Erotisches sagen könnte, während dieser mit einer Ansage über Proteinzufuhr reagiert, dann glaubt man nicht wirklich, dass diese Figur hören möchte, was sie eben eingefordert hat. Es sind Metakommentare, mit denen Schumer sich über alles Mögliche lustig macht; vielleicht auch das Genre der Liebeskomödie, in dem sie sich selbst gerade bewegt. Was die Figur der pausbäckig inszenierten Amy interessant macht, sind jedenfalls die ostentative Unbeholfenheit und dennoch eine gewisse Überlegenheit, die hier auf vertrackte Weise zusammenfinden.

Ironische Verkehrung der Realitäten


Die Plausibilität des Humors von „Trainwreck“ hat aber nicht allein mit der Genderrollen-Umkehr zu tun, die Schumer betreibt, indem sie ihre Protagonistin wesentlich forscher und aktiver auftreten lässt als ihr männliches Umfeld. Ähnlich wie die Stand-up-Comedian-Kollegin Sarah Silverman eignete sich Schumer eine Persona an, bei der die ironische Verkehrung der Realitäten für Verunsicherung und Lacher im Publikum sorgt. Gänzlich unzweideutig treten hingegen einige Nebenfiguren auf: NBA-Superstar LeBron James spielt sich auf vergnügliche Weise selbst, während Tilda Swinton sich rein äußerlich quasi neu erfunden hat: sie mimt die knallharte Chefredakteurin des „S’Nuff“-Magazins, die ihre Mitarbeiter auch gerne mal demütigt, nur um ihre Gesinnung klar zu machen. Richtig romantisch wird „Trainwreck“ auch am Ende nicht, vielmehr erleben wir eine slapstickhaft inszenierte Selbstzähmung, die noch einmal auf der Umkehr klassischer Männerrollen – Subthema: Verzeihen – basiert.