Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Gunnar Landsgesell · 24. Aug 2018 · Film

BlacKkKlansman

Spike Lee hat sich mit seiner jüngsten Arbeit "BlacKkKlansman" fast neu erfunden. In seiner Satire verarbeitet er das schwierige Thema von Rassismus und Gewalt mit ungeahnter Leichtigkeit. Dafür wurde er zurecht preisgekrönt.

Der überdimensionierte Afro, den der schwarze Polizist Ron Stallworth (Denzel Washingtons Sohn John David) trägt, zeigt nicht nur, dass wir hier tief in die Siebziger Jahre eintauchen. Er sieht auch ziemlich witzig aus. Witz in einem Film über den „Klan“, zumal von Spike Lee inszeniert, dem Wegbereiter der heutigen afro-amerikanischen Regie-Generation – das überrascht vom ersten Moment. „BlacKkKlansman“ breitet seine Erzählung derart amüsiert und groovy aus, dass man kaum glauben kann, dass Lee nach einigen zuletzt doch eher forciert wirkenden Arbeiten noch einmal zu solcher Leichtigkeit zurückfinden würde. Die Spannung von „Inside Man“, die Schärfe von „Do the Right Thing“ und die Ironie aus dem frühen Indie-Wunder „She’s Gotta Have it“, Lees jüngste Arbeit erhielt nicht von ungefähr den Großen Preis der Regie in Cannes. Dennoch verulkt „BlacKkKlansman“ sein Thema keine Sekunde. Der Ernst, den man Lee gerne als Verbissenheit auslegt, markiert ungefähr das andere Ende des Spektrums, an dem sich etwa ein Quentin Tarantino bewegt.

Realitätseinbruch 

„BlacKkKlansman“ beruht auf der Biographie von Ron Stallworth, der in den Siebziger Jahren als erster Schwarzer bei der Polizei von Colorado Springs aufgenommen wurde. Unzufrieden mit seiner Position als Aktenträger, wird er auf eine Zeitungsannonce der lokalen Abteilung des Ku Klux Klan aufmerksam und spricht per Telefon als neues Mitglied vor. Ein kluger Zug, mit dem der Neuling forthin eine eigene Einsatzgruppe leiten kann. Für persönliche Kontakte mit dem Klan schickt er seinen Kollegen Flip (Adam Driver) vor. Immer wieder spitzt Lee die Situationen zu, wenn die Vertreter der weißen Herrenrasse Flip misstrauen und dieser als Cop ziemlich nackt dasteht. Seine Meriten hat „BlacKkKlansman“ vor allem darin, wie spielerisch er sich zwischen den Genres bewegt. Es wäre nicht Spike Lee, würden sich zum Thrill und der Musikalität des Films nicht auch einige Lektionen in Schwarzer Geschichtsschreibung finden. So kommt auch der charismatische radikale Studentenführer Stokely Carmichael zu einem denkwürdigen Auftritt, bei dem sich die Kamera aber mindestens so sehr für dessen Publikum interessiert. Während Carmichael aufruft, zwecks Selbstverteidigung zu den Waffen zu greifen, inszeniert Lee die schwarzen Studenten durch raffinierte Lichtsetzung und Perspektiven, als wäre jeder von ihnen ein US-Präsident und persönlich aus dem Mount Rushmore gemeißelt. „Uplift your race“, dieser Spruch begleitet Lees Arbeit ebenso lange wie der Untertitel seiner Produktionsfirma: „By any means necessary“ (Copyright: Malcolm X), und beidem wird man in diesem Film augenzwinkernd gerecht. Als großer Wurf darf „BlacKkKlansman“ aber vor allem deshalb zählen, weil er seine kreative Wucht nicht aus Trotz in die Schlacht wirft, sondern sie für die Erzählung zu nutzen weiß. Selbst eine trickreiche, romantische Affäre zwischen Stallworth und einer jungen schwarzen Aktivistin (Laura Harrier) findet hier Platz. Allerdings hat das Liebesduo ziemlich mit dem politischen Ballast zu kämpfen, der ihm aufgebürdet wird. Lees Qualität neben der des Geschichtenerzählens bleibt natürlich die Bloßlegung sozialer Spannungen. Wenn Adam Driver die Weihe als neues KKK-Mitglied erhält, konterkariert Lee diese mit Bildern von Harry Belafonte, der über historische Lynchings in den USA erzählt. Und wenn der Ungeist weißer Amerikaner zitiert werden soll, dann ertönt es schnell mal „America First“. Derartige Bezüge in die Gegenwart mögen banal erscheinen. Mit der Einbeziehung der Handyaufnahmen der tödlichen Gewalt von Charlottesville reißt Lee aber die fiktionale Rahmung von „BlacKkKlansman“ endgültig nieder.