Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Gunnar Landsgesell · 01. Sep 2016 · Film

Ben Hur

Ben Hur reloaded: abgeschlackt, von äußerer Bewegung getrieben aber im Inneren ein bisschen verarmt. Ein Film ohne spezifisches Charisma, wenngleich auch keine Wyler-Epigone.

Ein kühner Schnitt beweist, dass man sich im Jahr 2016 eines gewissen Ballasts entledigen kann, der einen 1959 noch in eine langwierige Dramaturgie des Kampfes genötigt hatte, gedacht als Kulminationspunkt der Rivalität zweier ehemaliger Brüder. „Ben Hur“ unter der Regie von Timur Bekmambetow löst das geradezu leichtfertig: in einem Vorgriff auf das ikonische Renn-Duell verwandeln sich die Pferdegespanne von Judah Ben Hur und Messala Severus in einer fließenden Montage in jene Pferde früherer Tage, in denen die beiden Reiter darauf noch wonnig über die Landschaft fegten.

Todeskampf und innigste Verbundenheit finden sich hier als Teile desselben Bildes, das tobende Pathos im Inneren wird ganz locker gestreift. Die Vorstellung, dass "Ben Hur" heute den "Ben Hur" von damals irgendwie übertrumpfen müsse, um seine Existenz der Neuverfilmung zu legitimieren, führt zu nichts. Denn megalomanisch wie Wylers Projekt vor einem halben Jahrhundert war, als zehntausende Komparsen und hunderte Sprechrollen sowie hunderte errichtete Sets aufgeboten wurden, um das Kino noch einmal als große (wenngleich theatrale) Illusionsmaschine aufzubieten, wäre so wie einen Bühnenklassiker mit modernen Kommentaren anzureichern: restaurativ.

Bekmambetow sucht seinen eigenen Rhythmus. Er lässt Jerusalem in der italienischen Höhlenstadt Matera (Provinz Basilikata) entstehen, zerlegt das Epos in ein paar größere Brocken, angereichert um zeitgemäße Choreographien von Action. Intensität entwickelt sich daraus kaum, dafür Bewegung. Die fünf Jahre, die Ben Hur auf der Galeere verbringen muss, als vermeintlicher Drahtzieher eines Terroranschlags auf eine einreitende römische Kompanie, sie enden mit den Füssen voran im Wasser.

Ein Schiff zerbricht, Wellen und Balken schaukeln durch das Bild, ein kleiner feuchter Erlebnistrip, der bei einem kuriosen Auftritt von Morgan Freeman mit langen Rastazöpfen endet. Hinter ihm drei weiße Schimmel, die engagiert mit den Ohren wackeln, wenn der ehemalige Sklave und der neue Mentor miteinander die Lage klären.

Eine Neuinterpretation der Geschichte findet sich freilich in dieser wenig spezifischen Inszenierung und uncharismatischen Schauspielern nicht. Jack Huston als Judah Ben Hur und Toby Kebbell als Messala Severus tragen zur biblischen Aura des Stoffes vor allem mit ihren historischen Kostümen bei. Sie erledigen ihren Job ein wenig so wie zwei römische Soldaten: als Befehlsempfänger. Auftrag ausgeführt.