Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Walter Gasperi · 07. Nov 2013 · Film

Aktuell in den Filmclubs (8.11. - 14.11. 2013)

Im Heerbrugger Kino Madlen läuft diese Woche der Dokumentarfilm „Meine keine Familie“, in der Paul-Julien Robert seine Kindheit in der Otto-Mühl-Kommune aufarbeitet. Der FKC Dornbirn zeigt dagegen „Der deutsche Freund“, in dem Jeanine Meerapfel die Liebesgeschichte zwischen einer Jüdin und dem Sohn eines Nazis mit 30 Jahren deutscher und argentinischer Geschichte verknüpft. Die Regisseurin wird bei der Vorstellung am Donnerstag im Cinema Dornbirn anwesend sein.

Meine keine Familie: Paul-Julien Robert spürt in seinem Dokumentarfilm seiner Kindheit in der Otto-Mühl Kommune im burgenländischen Friedrichshof nach. 1979 wurde er in diese Gemeinschaft geboren und wuchs in einem Umfeld auf, in dem freie Sexualität, Gemeinschaftseigentum und Auflösung der Kleinfamilie zentrale Grundsätze waren.
Nicht polemisch, sondern mit aufrichtigem Interesse arbeitet Robert mittels Interviews und umfangreichem Archivmaterial seine Kindheit und das Leben in der Kommune auf. Schärfer wird der Ton in diesem sehr persönlichen und bewegenden Dokumentarfilm erst gegen Ende, wenn Robert stärker auf Mühl fokussiert und immer plastischer das Bild dieses Übervaters zeichnet, den seine jüngeren Anhänger, die durch die Kommune mit ihren vielfach autoritären Eltern brechen und den Traum einer anderen Gesellschaft verwirklichen wollten, als Freigeist sahen. Immer deutlicher wird, wie Mühl seine Macht missbrauchte, Kinder manipulierte und öffentlich bloßstellte. Offen bleibt, wieso niemand, nicht einmal die leiblichen Mütter, gegen ihn einschritt, sondern alle alles akzeptierten und in Kadavergehorsam dem Übervater folgten.
Ebenso klug wie behutsam ist Roberts Aufarbeitung, die in den sich durch den Film ziehenden Gespräche von Mutter und Sohn  auch über einen roten Faden verfügt. Eintauchen lässt "Meine keine Familie" so in eine andere Zeit und Welt, wirft aber darüber hinaus auch allgemeine Fragen nach Erziehung und Familie, nach der Bedeutung der frühen Lebensphase und von Bezugspersonen auf.
Kino Madlen, Heerbrugg: Mo 11.11., 20.15 Uhr


Der deutsche Freund: Sulamit und Friedrich wachsen in den 1950er Jahren als Nachbarn in Buenos Aires auf, sie als Tochter jüdischer Emigranten, er als Sohn eines geflohenen Nazibonzen. Gegen den Willen der Eltern entwickelt sich aus der Jugendfreundschaft eine große Liebe.
Konstruiert wirkt die Ausgangssituation und ist doch der Realität abgeschaut, auch wenn die beiden Familien etwas zu schematisch einander gegenübergestellt werden. Zeit lässt sich Meerapfel für die Exposition ihres autobiographisch inspirierten Films, um dann den Handlungsbogen von den 1950er Jahren bis zu den 1980er Jahren zu spannen. Ins Zentrum stellt die deutsch-argentinische Regisseurin die große Liebesgeschichte von Sulamit und Friedrich, doch teilweise wird diese durch die Fülle der politischen Ereignisse in den Hintergrund gedrängt. Doch auch das Politische wird nur kurz gestreift und im Schnelldurchlauf abgehakt. Zu viel hat Meerapfel hinein gepackt, fast zwangsläufig tendiert „Der deutsche Freund“ zur anekdotischen Aneinanderreihung von Szenen. Doch die Geschichte und die Figuren sind so stark, dass es Meerapfel in ihrem sorgfältig ausgestatteten, aber auch sehr konventionell erzählten Drama dennoch gelingt das Interesse über zwei Stunden wach zu halten.
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 13.11., 21.30 Uhr; Do 14.11., 19.30 Uhr (in Anwesenheit von Regisseurin Jeanine Meerapfel)