Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Walter Gasperi · 04. Mai 2017 · Film

Aktuell in den Filmclubs (5.5. - 11.5. 2017)

Die Leinwandlandlounge in der Remise Bludenz zeigt diese Woche (und der FKC Dornbirn Anfang Juni) Stefano Sollimas packenden Mafiathriller „Suburra“. Im Lindauer Club Vaudeville steht die französische Komödie „Verstehen Sie die Béliers?“ auf dem Programm.

Suburra: In einer furiosen, rund halbstündigen Exposition verknüpft Stefano Sollima in seinem mitreißenden Mafiathriller mit einer virtuosen Parallelmontage etwa ein halbes Dutzend Erzählstränge. Der Bogen spannt sich von einer Entscheidung des Papstes über einen korrupten Politiker, der durch den Tod einer Prostituierten erpressbar wird, und Gangster, die am Strand von Ostia den Besitzer eines Restaurants brutal ermorden, bis zu einem alten Mafia-Paten, der Pläne für ein großes Bauprojekt mit Hilfe von Kirche und Politik umsetzen möchte.
Erst langsam gewinnt man nach diesem fulminanten Beginn einen Überblick über die Zusammenhänge, temporeich geht es aber die gesamten 130 Minuten weiter. Da gibt es eine spektakuläre Schießerei in einem Einkaufszentrum ebenso wie eine kurze Verfolgungsjagd oder brutale Mordanschläge. Meisterhaft verankert ist der Film auch in den unterschiedlichen Milieus vom Luxushotel über die Sozialsiedlung, in der eine zu Königen eines Viertels aufgestiegene vielköpfige Roma-Familie wohnt, bis zum Parlament und dem Vatikan.
Sollima ist sicher kein Mann der leisen Zwischentöne, doch die Inbrunst, mit der er erzählt, lässt über die klischeehafte und oberflächliche Zeichnung der Figuren hinwegsehen. Man spürt in jeder Szene die Leidenschaft des Regisseurs, durch die „Suburra“ einen solchen Drive entwickelt, dass man sich diesem wuchtigen Mafia-Thriller nicht entziehen kann.
Sozialkritik wird zwar geübt und Anspielungen auf den Rücktritt des Papstes und der Berlusconi-Regierung fehlen nicht und auch das gewaltige Bauprojekt bei Ostia, bei dem alle mitmischen wollen, hat ein reales Vorbild, doch in erster Linie ist dies süffiges und packendes, erstklassig gecastetes Kino im Stil eines Michael Mann oder Martin Scorsese.
Leinwandlounge in der Remise Bludenz: Mi 10.5., 19 Uhr
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 7.6., 18 Uhr + Do 8.6., 19.30 Uhr

Verstehen Sie die Béliers? Vieles bleibt auf dem Bauernhof der Familie Bélier an der 16-jährigen Paula hängen, denn sie ist als einzige der Familie nicht taubstumm und muss so für die Kommunikation nach außen sorgen. Als sie sich aber als Stimmwunder entpuppt, will sie auf eine Gesangsschule nach Paris.
Eric Lartigaus Komödie ist kein Film über Behinderung, sondern vielmehr benutzt der Franzose die Taubstummen in der – besonders wenn es um Sexuelles geht - ausschweifenden Gebärdensprache für simple Witze. Doch das lustvoll- aufgedrehte Spiel Karin Viards als resolute Mutter und der zurückhaltende Franois Damiens als gutmütiger Vater lassen einem diese Familie bald ans Herz wachsen, auch wenn Paulas ebenfalls taubstummer Bruder Quentin eher blass bleibt.
Im Zentrum steht aber die von der TV-Talentshow-Entdeckung Louane Emera gespielte Paula. Sie ist die Identifikationsfigur des im Grunde einfach gestrickten Films, erobert mit ihrer Präsenz und ihrem Gesang die Sympathien des Publikums. Sprechen schon ihr Coming-of-Age und ihre Zerrissenheit zwischen Verpflichtung gegenüber der Familie und Wunsch nach einem eigenen Leben den Zuschauer an, so werden diese Momente durch die hochemotionalen Chansons noch verstärkt.
Nicht tiefschürfend erzählen, sondern zwei Stunden leichthändig und flott unterhalten will Lartigau mit seinem Feel-Good-Movie. Dies gelingt ihm, weil er einerseits weiß, mit welchen Themen er sein Publikum ansprechen kann und wie er es manipulieren kann, und andererseits auf seine Schauspieler vertrauen kann und mit der frischen und unbekümmerten Erzählweise das Gefühl von Natürlichkeit und Echtheit versprüht.
Club Vaudeville, Lindau: Di 9.5., 20 Uhr