Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Walter Gasperi · 03. Nov 2016 · Film

Aktuell in den Filmclubs (4.11. - 10.11. 2016)

Im Andelsbucher Gasthof Jöslar wird im Rahmen der monatlichen Kinovorführungen diesen Sonntag Aki Kaursimäkis Meisterwerk „Wolken ziehen vorüber“ gezeigt. Am Spielboden Dornbirn steht Andrew Morgans Dokumentarfilm „The True Cost – der Preis der Mode“ auf dem Programm, der ausgehend von der Modebranche die Auswirkungen des westlich-kapitalistischen Wirtschaftsdenkens aufzeigt und anprangert.

Wolken ziehen vorüber: Eine schöne Wohnung hat sich das Paar in Aki Kaurismäkis 1996 entstandenem Meisterwerk eingerichtet, doch Fernseher, Sofa und Bücherregal müssen noch abbezahlt werden. Wegen Restaurantschließung verliert Ilona ihren Job als Oberkellnerin, Lauri hat bei „notwendigen“ Entlassungen bei der Städtischen Straßenbahn im wahrsten Sinne des Wortes schlechte Karten.
Die TV-Nachrichten melden die Hinrichtung Ken Saro Wiwas. Die Suche nach einer neuen Arbeit ist schwierig. Arbeitslosengeld beantragt das Paar nicht. - Kaurismäkis Helden bewahren ihre Würde. Immer trostloser wird die Lage und ein Rückwärtszoom isoliert Ilona auf der Straße: Wie in einem Brennspiegel wird in dieser Einstellung ihre Verzweiflung eingefangen.
Ein Foto - ein Kindheitsbild von Kaurismäkis 1995 verstorbenem Lieblingsschauspieler Matti Pellonpää - in der Wohnung verweist auf ein früh verstorbenes Kind. Nur Alkohol scheint die Lösung und kontinuierlich geht es für das Paar abwärts, bis…
Trotz der auf Blautöne, blasses Rosa oder Grün reduzierten kalten Farben begleitet Kaurismäki hier viel warmherziger als in seinen früheren Filmen die Protagonisten. Die Würde, die die sozialen Verhältnisse ihnen rauben wollen, gibt der Regisseur ihnen zurück. Herzzerreißend ist dieser Film in seiner Traurigkeit und entwickelt doch gleichzeitig durch die lakonische Erzählweise und die knochentrockenen Dialoge größte Komik.
Gasthof Jöslar, Andelsbuch: So 6.11., 20.30 Uhr


The True Cost – Der Preis der Mode: Andrew Morgan spürt in seinem Dokumentarfilm dem wahren Preis unserer Billigkleidung nach, prangert nicht nur katastrophale Arbeitsbedingungen in Bangladesh, sondern auch den westlichen Konsumismus und die Wegwerfgesellschaft an.
Ungemein temporeich, geradezu atemlos ist dieser Blick auf die vielfältigen Auswirkungen der Billigmode, setzt vor allem auf Interviews, deckt aber dazwischen auch immer wieder die Gegensätze zwischen Arm und Reich auf und fordert ganz klar zum Handeln und Umdenken bis zur Angabe einer Internetadresse am Schluss mit dem Zusatz "take action".
Doch geht es hier freilich nicht nur um die Mode, die nur als erster, leicht zu ändernder Punkt dient, sondern um ein generelles Umdenken. Für eine Revolution der Werte plädiert der Film. Vom Materialismus und dem Streben nach ständig größerem Profit sollen die Menschen sich lösen und einen verantwortungsvollen Umgang mit der Erde und den Mitmenschen ins Zentrum ihres Denkens und Handelns stellen. – Der Preis der Mode ist eben nicht nur das, was auf dem Etikett steht, sondern einzubeziehen sind auch die Arbeitsbedingungen bei der Produktion, das Wasser das verwendet oder verschwendet wurde, die Pestizide, die eingesetzt wurden, und der Raubbau, der an der Erde betrieben wurde.
In seinem Faktenreichtum und seinem Tempo erschlägt „The True Cost“ den Zuschauer zwar fast, bietet aber in der Fülle auch viele Punkte, die zum Nachdenken anregen, und deckt mit aufklärerischem Impetus eindringlich die verheerenden Wechselwirkungen auf.
Spielboden Dornbirn: Mi 9.11., 19.30 Uhr