Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Walter Gasperi · 02. Feb 2017 · Film

Aktuell in den Filmclubs (3.2. - 9.2. 2017)

Der Spielboden Dornbirn zeigt diese Woche noch einmal das feinfühlige israelische Drama „Wedding Doll“. In ein düsteres Barcelona entführt dagegen das Gasthof Jöslar in Andelsbuch mit Alejandro González Iñárritus „Biutiful“.

Wedding Doll: Ganz auf Augenhöhe mit seiner Protagonistin erzählt Nitzan Gilady von der jungen, etwas zurückgebliebenen Hagit, die mit großer Liebe aus Klopapier Hochzeitspuppen bastelt und von ihrer eigenen Hochzeit träumt.
Während sie nach Unabhängigkeit strebt, versucht ihre Mutter aber sie ständig zu überwachen und ihren Freiraum einzuschränken, denn sie weiß, dass Hagit nicht nur im Kindesalter wegen ihrer Behinderung von Spielgefährten schwer misshandelt wurde, sondern immer noch verlacht und gehänselt wird.
Gilady, der vom Dokumentarfilm kommt, erzählt mit genauem Blick für Details. Sorgfältige Bildsprache und feinfühlige Farbdramaturgie sorgen gleichermaßen für Poesie wie für Sinnlichkeit und bestechend wird die Handlung in der großartig eingefangenen, von den Brauntönen der Wüste Negev dominierten Landschaft am Rande des Ramon Kraters eingebettet.
Nichts Großes passiert hier, aber Gilady lässt sich ganz auf seine Protagonistin ein, lässt den Zuschauer, indem er den Einstellungen Zeit lässt, ihre Sehnsüchte und ihr Streben nach Selbstständigkeit mitempfinden. In dieser ruhigen aber einfühlsamen Erzählweise ist „Wedding Doll“ so filigran wie Hagits Puppen und plädiert eindringlich, aber nie aufdringlich für Menschlichkeit und Inklusion und gegen Ausgrenzung.
Spielboden Dornbirn: Fr 3.2., 19.30 Uhr

Biutiful: Hautnah ist die Kamera von Rodrigo Prieto am Gesicht des Mittvierzigers Uxbal (Javier Bardem), wenn er beim Arzt auf einer Pritsche liegt. Dass es nicht gut um ihn steht, wird spätestens klar, wenn er Blut uriniert. Doch auch psychisch wirkt dieser Mann mit Dreitagebart, blassem Gesicht und tief liegenden Augen am Ende. Nichts scheint ihm in seinem Leben geglückt zu sein. Er lebt in einer verdreckten Kleinwohnung in Santa Coloma, dem Migrantenviertel von Barcelona. Die Beziehung zur psychisch kranken und drogensüchtigen Marembra ist längst zerbrochen, den Lebensunterhalt verdient er durch die Organisation der Arbeiten illegal eingewanderter Asiaten und Afrikaner. Liebevoll kümmert er sich allerdings um seine Kinder, um den etwa sechsjährigen Mateo und die zehnjährige Ana. Ihnen gilt seine ganze Sorge, als er erfährt, dass sein Prostatatakrebs schon so weit fortgeschritten ist, dass er nur noch wenige Monate zu leben hat.
An Akira Kurosawas „Ikiru – einmal wirklich leben“ (1952) erinnert „Biutiful“ in dieser Handlungslinie und kein Zufall dürfte es sein, dass die coproduzierende Firma „Ikiru Films“ heißt, doch ungleich beklemmender und trister als beim Japaner ist die Welt 60 Jahre später beim Mexikaner Alejandro González Iñárritu. Kein touristisches Barcelona wie beispielsweise Woody Allen in „Vicky, Cristina, Barcelona“, in dem auch Javier Bardem eine Hauptrolle spielte, präsentiert Iñárritu, sondern entführt vielmehr zusammen mit seinem Stammkameramann Rodrigro Prieto in eine düstere Vorhölle.
Getragen wird „Biutiful“ neben diesen Bildern ganz von Javier Bardem, der Uxbal mit großer physischer Präsenz und Mut zur Hässlichkeit spielt. In dieser Konzentration auf eine Figur und der geradlinigen Erzählweise packt dieses düstere Drama emotional. - Voraussetzung ist freilich, dass man sich dieser zweieinhalbstündigen Schilderung der Verzweiflung und des Elends aussetzen will.
Gasthof Jöslar, Andelsbuch: So 5.2., 18 Uhr – 3-gängiges Menü: 25 € - Anmeldung bis Freitag (3.2.) unter T 05512 2312, kontakt@joeslar.at; 20 Uhr Filmbeginn