Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Walter Gasperi · 24. Mär 2016 · Film

Aktuell in den Filmclubs (25.3. - 31.3. 2016)

Das Nenzinger Kurzfilmfestival Alpinale präsentiert diese Woche auf seiner Ländle-Tour Highlights des letzten Jahres in Schwarzenberg und Bludenz. In der Kammgarn Hard steht Jean-Pierre Jeunets einfallsreich-verspielte Literaturverfilmung "Die Karte meiner Träume" auf dem Programm.

Alpinale-Kurzfilme: Als Vorgeschmack auf das Nenzinger Kurzfilmfestival im August werden auf einer Ländle-Tour nochmals acht Höhepunkte des letzten Jahres präsentiert. Animationsfilme und reale kurze Spielfilme finden sich ebenso unter der Auswahl wie Hochschulproduktionen und professionelle Filme.
Mit Frank Grebers zweiminütigem „Luftpost“ wurde auch ein Film aus der Reihe Vorarlberg-Shorts ausgewählt. Durchaus Vergnügen bereitetet diese kleine Geschichte einer Brieftaube, die Post austrägt, ist liebevoll gestaltet, lebt aber auch stark von Arnold Greber, der der Taube die Stimme leiht. Ganz ohne Sprache kommt dagegen der moldawische Kurzfilm „Death Sails“ aus, in dem der Sensenmann einen schiffbrüchigen Piraten holen will, doch nach wendungsreichen und rasanten fünf Minuten schließlich unabsichtlich zu seinem Retter wird.
Wunderbar rund erzählt der Tunesier Lofti Achour in „Père – Father“, von einem Taxifahrer, der zunächst Schwierigkeiten bekommt, weil er eine hochschwangere Frau ins Krankenhaus gefahren hat, dann aber eine überraschende Entdeckung macht. Wie dieser Kurzspielfilm lebt auch „La tete de l´emploi“, in dem ein älterer Arbeitsloser von einem Beamten des Arbeitsamtes ziemlich fies behandelt wird, von einer überraschenden Schlusspointe.
Diese ist auch die große Qualität von „Anomalo“ des Basken Aitor Gutiérrez. Entwickelt sich die Handlung um drei ältere Männer, die wie in Hitchcocks „Das Fenster zum Hof“ mit Fernglas nachts die Bewohner eines benachbarten Hochhauses beobachten, zunächst eher langsam, so wartet Gutiérrez im Finale mit gleich mehreren überraschenden Wendungen auf, bei denen freilich auch mit dem Voyeurismus des Zuschauers gespielt und dieser düpiert wird.
Zweifellos kunstvoll verschachtelt, aber vielleicht doch etwas überkonstruiert wirkt dagegen der polnische Beitrag „A Long Time Ago in Silesia“, der allzu verkürzt – und auf der Zeitebene nicht stimmig - eine tragische Geschichte aus dem Zweiten Weltkrieg erzählt. Gegenpol zu diesem ernsten Film bilden schließlich die zwei frischen deutschen Komödien „Spielplatz“ und „Forever Over“.
Während Tanja Bubbel in „Spielplatz“ mit sukzessiver Steigerung zeigt, wie fehlende Kommunikation zu Missverständnissen und Konflikten führt, bis sich Erwachsene auf einem Spielplatz wie Kinder prügeln, erzählt Erik Schmitt in „Forever Over“ von einem Paar, das aus dem Alltagstrott ausbricht, indem es alles ausspricht und auch die geheimsten Wünsche in die Tat umsetzt: Alles ist in diesem einfallsreich und verspielt inszenierten Film und im Leben möglich - freilich auch, dass die Beziehung bei dieser Offenheit in die Brüche geht.
Angelika-Kauffmann-Museum, Schwarzenberg: Mi 30.3., 20 Uhr
Remise Bludenz: Do 31.3., 20 Uhr


Die Karte meiner Träume:
Ein hochbegabter Junge gewinnt – ohne Wissen der Eltern und ohne dass die Jury weiß, wen sie da ausgezeichnet hat - einen prestigeträchtigen Wissenschaftspreis. Um die Auszeichnung entgegen zu nehmen, büchst der Junge heimlich von zuhause aus und reist quer durch die USA.
Mit dem Insert "Der Westen" und dem Öffnen eines Aufklappbuches beginnt der erste Abschnitt von Jean-Pierre Jeunets Verfilmung von Reif Larsens Bestseller – zwei weitere Kapitel werden mit gleicher Einleitung folgen. So übersichtlich der Film gegliedert ist, so einfach und kindgemäß ist er trotz zahlreicher kurzer Rückblenden und Traumsequenzen auch erzählt.
Die einfache Geschichte peppt Jeunet wie bei beim Regisseur von "Die fabelhafte Welt der Amélie" nicht anders zu erwarten mit vielen liebevollen Details und visuellen Einfällen auf. Bald blendet der Franzose in seinem ersten amerikanischen Film seit "Alien - Die Wiedergeburt" (1997) Grafiken zum Schritttempo von T. S. oder zu den Blickrichtungen und -kontakten innerhalb der Familie ein, frönt mit den Erfindungen des Protagonisten seiner eigenen Lust an Maschinen, visualisiert bald die Gedanken der Schwester von T.S. oder illustriert im Eiltempo "Die vier Stufen des Packens".
Geschickt mixt Jeunet auch Witz mit Spannung, wenn der kleine Ausreißer auf seiner Reise immer wieder Entdeckung fürchten muss oder die Bekanntschaft skurriler Typen macht, rechnet mit Gremien und Medien ab, die das junge Genie gleich für ihre Zwecke einspannen und ausnützen wollen, und lässt immer auch eine Trauer und Melancholie mitschwingen, die über dem ganzen Film lastet.
Eine Schwäche ist freilich – wie bei anderen Filmen Jeunets -, dass die Lust am visuellen Einfall das Mitgefühl mit den Protagonisten und die Emotionalität immer wieder in den Hintergrund drängt: Man staunt und freut sich über die originellen Einfälle, aber wirklich bewegt wird man nicht. Darüber kann auch ein großartiger Kyle Catlett in der Hauptrolle nicht hinwegtäuschen.
Kammgarn Hard: Mi 30.3., 20.30 Uhr