Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Walter Gasperi · 22. Feb 2018 · Film

Aktuell in den Filmclubs (23.2. - 1.3. 2018)

Am Spielboden Dornbirn läuft diese Woche nochmals „Detroit“, in dem Kathryn Bigelow voll Wut von den Rassenunruhen im Jahre 1967 erzählt. In der Kammgarn Hard steht dagegen mit „Paris, Texas“ von Wim Wenders ein zeitloses Meisterwerk der Filmgeschichte auf dem Programm.

Detroit: Im Sommer 1967 kam es in Detroit zu mehrtägigen schweren Auseinandersetzungen zwischen Afroamerikanern und der Polizei, die 43 Menschen das Leben kosteten. Kathryn Bigelow konzentriert sich ganz auf die Ereignisse im Algiers Motel.
Hautnah ist die unruhige Handkamera von Barry Ackroyd dran, schnelle Schnitte vermitteln die Hektik und die Anspannung aller Betroffenen. Hier gibt es keine Distanz, kein Reflektieren, sondern nur das unmittelbare Miterleben des Augenblicks. Fast in Echtzeit zeichnen Bigelow und ihr Drehbuchautor Mark Boal diese Ereignisse in quasidokumentarischem Stil nach. Kein Blick darüber hinaus öffnet sich, wütend wird nicht nur mit der rassistischen Polizei abgerechnet, sondern auch mit der Nationalgarde, die lieber wegschaut und sich zurückzieht als gegen die Bürgerrechtsverletzungen einzuschreiten.
"Detroi"» will keine differenzierte Auseinandersetzung mit den historischen Ereignissen sein, sondern mit den Mitteln des Genrekinos wütend mit der Vorherrschaft der Weißen, mit weißer Polizeigewalt ebenso wie mit einem weißen Rechtssystem abrechnen.
So furios Bigelow aber auch den Zuschauer ins Geschehen hineinzieht und maximale Intensität erzeugt und in den historischen Ereignissen freilich auch die aktuelle Situation in den USA spiegelt, so bleibt doch außer Wut am Ende wenig zurück. Die Grenzen der packenden naturalistischen Nachzeichnung zeigen sich hier, müssten doch bei diesen historischen Ereignissen auch die Hintergründe und Ursachen beleuchtet werden.
Spielboden Dornbirn: Fr 23.2., 19.30 Uhr


Paris, Texas:
Von der Begeisterung fürs amerikanische Kino waren die frühen Filme von Wim Wenders getränkt, doch bittere Erfahrungen machte er, als Francis Ford Coppola ihn 1977 in die USA holte, um dort „Hammett“ zu drehen. Auf das Scheitern bei diesem Studiofilm und dessen Verarbeitung in „Der Stand der Dinge“ folgte 1984 der Triumph mit dem unabhängig gedrehten „Paris, Texas“. Mit Sam Shepard als Drehbuchautor, dem Musiker Ry Cooder, dem Kameramann Robby Müller und Hauptdarsteller Harry Dean Stanton fand Wenders ein Team, das perfekt harmonierte.
Eine Demonstration filmsprachlicher Präzision ist nicht nur die Eröffnungsszene, in der ein Mann – Travis wie travel heißt er – durch eine weite texanische Halbwüste, in der sich seine innere Leere und Ausgebranntheit spiegelt, stapft, bis er zusammenbricht. Sein Bruder wird ihn zu sich holen, wo dieser Tote langsam wieder das Leben lernen und seinem ihm unbekannten Sohn näherkommen wird, bis Vater und Sohn gemeinsam aufbrechen werden, um die Ex-Frau und Mutter zu suchen.
So einfach die Geschichte einer gescheiterten Beziehung ist, so kongenial passen hier Form und Inhalt zusammen, wenn die äußere Bewegung und die Zeit, die für die Fahrt von Texas nach Los Angeles und dann von Los Angeles nach Huston nötig ist, mit einer inneren Bewegung der Figuren korrespondiert und sich in Bildern, die von Edward Hopper inspiriert sind, immer wieder die Einsamkeit und Verlorenheit des Protagonisten spiegeln.
Meisterhaft ist freilich auch die Raumführung, wenn die Weite des Beginns schließlich von der Enge der Kabine einer Peep-Show abgelöst wird, und in einem langen Gespräch, bei dem sich die Gesprächspartner nicht sehen, retrospektiv die Beziehung aufgearbeitet wird. Aber um nach Hause zurückzukehren, ist es für diesen amerikanischen Odysseus noch zu früh.
Kammgarn Hard: Mi 28.2., 20.30 Uhr