Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Walter Gasperi · 21. Aug 2014 · Film

Aktuell in den Filmclubs (22.8. - 28.8. 2014)

Im Takino Schaan läuft diese Woche Jonathan Glazers sensationeller „Under the Skin“, der in Deutschland und Österreich nur auf DVD/Blu-ray erscheinen wird. Das Filmforum Bregenz zeigt mit „20 Feet from Stardom“ den heurigen Gewinner des Oscars für den besten Dokumentarfilm.

Under the Skin: Mit seiner Verfilmung von Michel Fabers gleichnamigem Science-Fiction-Roman gelang dem Briten Jonathan Glazer einer der visuell und akustisch aufregendsten Filme der letzten Jahre. – In Deutschland und Österreich wird „Under the Skin“, obwohl er nur auf der großen Leinwand seine Wirkung voll entfalten kann, aber nicht in die Kinos kommen, sondern nur auf DVD und Blu-ray erscheinen. Trotz Scarlett Johansson in der Hauptrolle schätzen die Verleiher die kommerziellen Chancen dieses faszinierenden filmischen Trips als zu gering ein.
Glazer hat die Vorlage entschlackt, sie förmlich auf ihr Skelett reduziert, baut so Geheimnisse auf, die auch am Filmende nicht geklärt sind. Irritierend, aber auch aufregend beginnt es mit Schwarzfilm und Lichtpunkten und einem ungewöhnlichen Sounddesign. Abrupt wechselt der Film auf eine nächtliche Landstraße und ein Mann trägt wie einen Kartoffelsack eine Frau über eine Böschung, die bald die Identität einer anderen annehmen wird. In einem Lieferwagen wird die mysteriöse Frau durch Glasgow fahren, immer wieder Männer ansprechen, sie in ein Haus locken. Immer weiter wird die Frau, die eine pechschwarze Haare und leuchtend rote Lippen hat, die Männer in einen pechschwarzen Raum locken, wo sie in einer schwarzen, gallertartigen Masse versinken werden. Eiskalt agiert sie zunächst, scheint unantastbar, entwickelt aber dann doch langsam menschliche Gefühle und wird damit verletzbar.
Die Dialoge sind in „Under the Skin“ auf ein Minimum reduziert, weitgehend über Bilder, bei denen mit versteckter Kamera in Glasgow aufgenommene Szenen den hochstilisierten "Tötungsszenen" gegenüberstehen, und Töne erzählt Glazer. Vieles bleibt offen, dass die Frau ein Alien sein soll, geht höchstens aus dem Ende des Films hervor, ihr Name findet sich nur in Presseheft und Inhaltsbeschreibungen, fällt aber nicht im Film.
Verführbarkeit der Männer und Verführungskraft der Frauen lassen sich als Themen herauslesen, aber auch die Frage, was den Menschen zum Menschen macht, wird implizit diskutiert. Antworten sucht man freilich vergeblich, aber eine atemberaubende Demonstration dessen, was Film sein kann, bekommt man hier auf jeden Fall geboten.
Takino Schaan: Fr 22.8. + Sa 23.8., 18.30 Uhr; So 24.8., 20.30 Uhr; Mo, 25.8., 18.30 Uhr

20 Feet from Stardom: Morgan Neville setzt in seinem mit dem Oscar ausgezeichneten Dokumentarfilm den BackgroundsängerInnen großer Stars ein Denkmal.
Rasant mischt Neville teilweise arg unscharfe Found Footage ab den 1950er Jahren mit Interviews mit Stars wie Bruce Springsteen, Sting, Mick Jagger, Stevie Wonder und den BackgroundsängerInnen Claudia Lennear, Lisa Fischer, Judith Hill, Darlene Love, Merry Clayton und Luther Vendross. Vieles wird kurz gestreift von der unterschiedlichen Rolle der Backgroundsängerinnen als leicht bekleideter optischer Aufputz bis zum Faktum, dass beim Sprung vom Background- zum Solosänger nicht nur Können, sondern auch Glück und Zufall eine zentrale Rolle spielen.
Angerissen werden auch gesellschaftliche Entwicklungen wie der Umstand, dass die schwarzen Sängerinnen aus der Kirchenmusik mit ihren rauen Stimmen erst die biederen weißen Backgroundsängerinnen der 50er Jahre verdrängen mussten, oder der Widerspruch, dass Merry Clayton ausgerechnet bei der Südstaatenhymne „Sweet Home Alabama“ Backgroundsängerin war.
Doch diese gesellschaftlich interessanten Aspekte werden nicht kritisch hinterfragt und durchleuchtet. Neville hakt nie nach, sondern springt vielmehr ohne klare Struktur und Dramaturgie von einem Sänger und Thema zum nächsten und setzt lieber einen mitreißenden Song dazwischen statt nachzufragen. – Mitreißend ist „20 Feet from Stardom“ dank der stimmgewaltigen Frauen, die freilich kaum durchschnittliche Backgroundsängerinnen, sondern die Stars in ihrem Metier sind, aber allemal und vermittelt immerhin auch einen gewissen Einblick in einen Bereich der Musikgeschichte, den man sonst kaum wahrnimmt.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Sa 23.8., 22 Uhr