Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Walter Gasperi · 17. Sep 2015 · Film

Aktuell in den Filmclubs (18.9. - 24.9. 2015)

Der Spielboden Dornbirn zeigt diese Woche in Kooperation mit den Jungen Grünen Vorarlberg in der Reihe "Kampf um Freiheit" Justin Chadwicks Biopic "Mandela - Der lange Weg zur Freiheit". Zum Ausspannen lädt dagegen die Artenne Nenzing mit Fatih Akins romantischer Komödie "Im Juli" ein.

Mandela – Der lange Weg zur Freiheit: Der Brite Justin Chadwick zeichnet das Leben Nelson Mandelas von seiner Zeit als Anwalt in den frühen 1940er Jahren bis zu seiner Wahl zum südafrikanischen Präsidenten 1994 nach.
Es ist zweifellos das Verdienst von Chadwick, dass er ein großes Publikum mit dem Leben dieses wahrhaft bedeutenden Menschen des 20. Jahrhunderts vertraut machen kann, und dass er im Plädoyer für Gleichheit und Versöhnung das Herz am richtigen Fleck hat, doch die filmische Umsetzung kann nicht überzeugen.
Chadwick bietet zwar eine Geschichtslektion und Infotainment, lässt aber keiner Szene und keiner Figur Raum und Zeit, um wirklich Vielschichtigkeit und Tiefe entwickeln zu können. So lastet jenseits der Kraft der Fakten die ganze Last dieses Films auf seinem britischen Hauptdarsteller Idris Elba.
Großartig vermittelt Elba nicht nur durch Veränderung von Gang und Körperhaltung und unterstützt vom Maskenbildner Mandelas Altern, sondern zeichnet auch eindrücklich dessen Entwicklung nach vom engagierten Anwalt über den Freiheitskämpfer und auch einen durch harte Haft nicht zu brechenden Mann bis zum besonnenen Staatsmann.
Nie kann diese schauspielerische Glanzleistung aber darüber hinwegtäuschen, dass hier ein Regisseur an der Überfülle der Ereignisse gescheitert ist, dass er zu sehr auf die Fakten gebaut hat, darüber aber die plastische Entwicklung von einzelnen Szenen und vor allem die Zeichnung von Nebenfiguren sträflich vernachlässigt hat. So bleibt „Mandela - Der lange Weg zur Freiheit“ ein zwar informativer und ehrenwerter Film, wird aber im Fehlen einer Vision und filmischen Kraft Mandela in keiner Weise gerecht.
Spielboden Dornbirn:
Di 22.9. + Do 8.10. - jeweils 20 Uhr

Im Juli: In Hamburg trifft der junge Lehrer Daniel (Moritz Bleibtreu) zuerst Juli (Christiane Paul), die sich in ihn verliebt, dann Melek, in die er sich verliebt. Melek fliegt nach Istanbul, Daniel reist ihr auf dem Landweg nach und begegnet dabei immer wieder Juli, die auch in die Türkei will.
Zufall oder Schicksal? - Diese Frage stellt Fatih Akin in den Mittelpunkt seines wunderschönen Liebesfilms, der ebenso sehr Road Movie wie Komödie ist. Der Einfluss von Howard Hawks zeigt sich dabei nicht nur im enormen Tempo von Akins Film, sondern auch in der hinreißenden Personenzeichnung. Wie Hepburn Grant in "Leoparden küßt man nicht" zeigte, wo´s lang geht, so macht auch Juli aus dem schüchternen Daniel einen neuen Menschen.
Daneben lebt "Im Juli" aber auch von der orientalischen Erzählfreude des Regisseurs und dem lustvollen Spiel der SchauspielerInnen. Mit souveräner Leichtigkeit ist das inszeniert, Zeitraffermomente und Urlaubsschnappschüsse werden in den Film integriert, rasante Action-Szenen wechseln mit wunderschönen ruhigen Passagen. Minutenlang unterhalten sich Daniel und Juli in einer einzigen Einstellung - So viel Raum und Zeit lässt kein Mainstream-Film seinen Personen. Und doch ist alles der Funktionalität der Geschichte untergeordnet. Die Kulisse Südosteuropas fließt in den Film ein, wird aber nie dekorativ ausgestellt.
Die Vitalität von "Im Juli" und die Begeisterung, mit der er entstanden ist, übertragen sich dabei direkt auf das Publikum. - Ein Film, der Spaß macht, auch weil er in jeder Einstellung von der Liebe zu seinen Figuren und zum Leben zeugt.
Provinzwerkstatt, Nenzing (Gamperdonaweg 2):
Do 24.9., 20 Uhr