Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Walter Gasperi · 16. Aug 2018 · Film

Aktuell in den Filmclubs (17.8. - 23.8. 2018)

Das Filmforum Bregenz zeigt diese Woche den kapitalismuskritischen Dokumentarfilm „System Error“. Im Kunstmuseum Liechtenstein steht mit Pier Paolo Pasolins „Il Vangelo secondo Matteo“ ein Klassiker auf dem Programm.

System Error: Florian Opitz untersucht in seinem Dokumentarfilm kritisch den Glauben an grenzenloses Wirtschaftswachstum. Ausgehend von der Entstehung und Entwicklung dieses Glaubens im Zuge der amerikanischen Kriegswirtschaft während des Zweiten Weltkriegs und der Durchsetzung des Bruttoinlandsprodukts als maßgeblicher Kennzahl in der Wirtschaft, blickt der deutsche Filmemacher auf einzelne Bereiche.
Gegliedert wird "System Error" dabei durch prägnante kritische Zitate von Karl Marx, der schon vor 150 Jahren ein Ende des Kapitalismus prophezeite. Plastisch arbeitet Opitz die Folgen der Großlandwirtschaft im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso heraus, in dem der Regenwald, aber auch die indigene Bevölkerung der Massenviehzucht und der Sojaproduktion weichen muss, und bietet einen Eindruck vom Boom Chinas, in dem die Zahl der Flugzeuge und Flughäfen explosionsartig steigt. Er lässt Investmentmanager zu Wort kommen und erinnert beim Blick auf den Börsenhandel auch an Krisen wie die Ölkrise der 1970er Jahre und die Finanzkrise von 2008, macht aber auch deutlich, dass diese Einbrüche nicht zu einem Umdenken führten, sondern vielmehr den Glauben an die Selbstreinigungskraft der Märkte stärkten.
Die Position von Opitz ist stets klar, dennoch stellt er die interviewten Verfechter des Wachstumsglaubens nicht bloß, stellt aber ihre Position immer wieder in den Bildern speziell von Brasilien und China und durch die eingestreuten Interviews mit dem britischen Wachstumskritiker Tim Jackson in Frage.
An eine Kehrtwendung scheinen aber weder Opitz noch Jackson zu glauben, fand doch schon in den 1970er Jahren der warnende Bericht des Club of Rome „Die Grenzen des Wachstums“ zwar große Beachtung, führte aber zu keinem Umdenken. So prophezeit der Film ein baldiges Ende des Kapitalismus, Alternativen dazu kann er aber keine anbieten.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Fr 17.8., 22 Uhr

 

Il Vangelo secondo Matteo: Ein Skandal bestand 1964 schon darin, dass der erklärte Marxist und Atheist Pier Paolo Pasolini es wagte die Geschichte Christi zu verfilmen. Schon vor der Premiere bei der Biennale in Venedig kam es zu Protesten durch die italienischen Faschisten, die "eine Beschmutzung einer Quelle des christlichen Abendlandes" befürchteten, doch so zwiespältig Pasolinis Film auch sein mag, er gilt doch immer noch zumindest als "der beste aller misslungenen Jesusfilme".
Das sozialrevolutionäre Moment der christlichen Botschaft hat Pasolini schon dadurch betont, dass er seine Bibelverfilmung nicht in Palästina, sondern in Süditalien - in der Dritten Welt innerhalb der Ersten Welt - drehte. Mit der Handkamera und dokumentarischem Gestus fängt er die karge Landschaft und die Armut in langen dialoglosen Passagen am Beginn seines Filmes ein. Durch die Verlegung der Handlung von Palästina ins Mezzogiorno wird die biblische Geschichte aktualisiert und die Rückständigkeit Süditaliens aufgezeigt.
Nichts hat Pasolinis Film mit kitschigen Bibelverfilmungen gemein, nicht mit Stars sondern mit Laiendarstellern hat er alle Rollen besetzt, die in expressiven Großaufnahmen ihren Text direkt in die Kamera sprechen. Nach der Schilderung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse am Beginn, vertraut er ganz auf die Wirkung des Evangeliums, dem jedes gesprochene Wort entnommen ist.
Der Musikkommentar stärkt aber wieder das sozialrevolutionäre Element: neben Sakralmusik von Mozart und Bach verwendete Pasolini auch ein russisches Partisanenlied, das der Kreuzigung unterlegt ist.
Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz: Do 23.8., 18 Uhr