Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Walter Gasperi · 14. Jän 2016 · Film

Aktuell in den Filmclubs (15.1. - 21.1. 2016)

In der Villa Falkenhorst in Thüringen wird diese Woche Ralf Westhoffs spritzige Komödie „Wie sind die Neuen“ gezeigt. Der Lindauer Club Vaudeville erinnert mit „Akte Grüninger“ an den St. Galler Polizeikommandant, der kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zahlreiche jüdische Flüchtlinge vor den Nationalsozialisten rettete.

Wir sind die Neuen: Lebenskonzepte und Generationen treffen aufeinander, wenn drei Alt-68er 30 Jahre später wieder in eine WG ziehen und dabei immer wieder die eifrig lernenden jungen Studenten in der Wohnung über ihnen stören.
Dass Ralf Westhoff einen genauen Blick für die Nöte und Beziehungsprobleme der Großstädter von heute hat, bewies er schon mit seiner Speeddating-Komödie "Shoppen" und der Beziehungskomödie "Der letzte schöne Herbsttag". Mit "Wir sind die Neuen" übertrifft sich der 46-jährige Deutsche nun aber selbst: Eine so rasante, nie verkrampfte, treffsichere und intelligente Komödie findet man im deutschen Kino selten.
Die Konstruiertheit von Handlung und Figurenkonstellation ist nicht zu übersehen, doch Westhoff erzählt mit so viel Schwung und Pfiff, dass man locker darüber hinwegsieht, und übt im Vorbeigehen auch prägnant Kritik an heutigen Zuständen von überteuerten Mieten und Altersarmut bis zum Prüfungsdruck, an dem die jungen Studenten zu zerbrechen drohen.
Visuell gibt so ein Kammerspiel zwangsläufig nicht allzu viel her, aber großes Vergnügen bereitet "Wir sind die Neuen" dennoch. Denn das gesamte Ensemble spielt mit sichtlichem Vergnügen, die Dialoge sind spritzig, das Timing vorzüglich und sicher greift hier ein Rädchen ins andere, werden die Reibungen zugespitzt und schließlich bruchlos die langsame Wende zum Miteinander der Generationen gemeistert.
Nie ist das grobschlächtig oder klamaukig, sondern genau im Detail, lässt zwar im entlarvenden Blick viel Lachen, aber auch mit den Sorgen und Nöten der Protagonisten mitfühlen – nicht nur mit den Alten, aus deren Perspektive erzählt wird, sondern verleiht auch den Jungen, die zunächst ziemlich schlecht dastehen, mit Fortdauer zunehmend mehr Profil.
Villa Falkenhorst, Thüringen:
So 17.1., 19.30 Uhr


Akte Grüninger – Die Geschichte eines Grenzgängers:
In den Jahren 1938/39 rettete der St. Galler Polizeihauptmann Paul Grüninger (Stefan Kurt) zahlreiche jüdische und andere Flüchtlinge vor den Nationalsozialisten, indem er ihre Einreisevisa vordatierte und ihnen so die Einreise in die Schweiz, die die Grenzen offiziell geschlossen hatte, ermöglichte. Grüninger bezahlte seinen Einsatz aber mit Suspendierung und Aberkennung der Pension. Erst in den 1990er Jahren wurde er posthum politisch rehabilitiert.
Im Zentrum von Alain Gsponers („Heidi“, „Lila, Lila“) Spielfilm steht das Verhör Grüningers durch den fiktiven jungen Polizeiinspektor Robert Frei (Max Simonischek).
Leichter als mit den historischen Figuren, die blass bleiben, tut sich Gsponer sichtlich mit dem erfundenen Charakter. Ihm kann er Facetten und Ambivalenzen verleihen, kann ihn sich langsam vom Beamten, der widerspruchslos Befehle ausführt, zum mitfühlenden Menschen wandeln lassen, der schließlich wie Grüninger Menschlichkeit über Verordnungen und Gesetze stellt.
Auch wenn Gsponer und sein Drehbuchautor Bernd Lange die Geschichte nicht ganz in den Griff bekommen haben, angeschnittene jüdische Einzelschicksale mehrfach wieder aus den Augen verloren werden und der Einsatz von Archivmaterial völlig missglückt ist, bietet „Akte Grüninger“ insgesamt doch eine ehrenwerte Geschichtsaufarbeitung, die ein größeres Publikum mit dem Schicksal dieses „Schweizer Oskar Schindler“ vertraut machen kann.
Club Vaudeville, Lindau:
Di 19.1., 20 Uhr