Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Walter Gasperi · 13. Sep 2018 · Film

Aktuell in den Filmclubs (14.9. - 20.9. 2018)

Die Remise Bludenz startet diese Woche mit drei Filmen in die dritte Saison der "LeinwandLounge". Am Spielboden Dornbirn steht nochmals Christian Petzolds meisterhafte Adaption von Anna Seghers Roman "Transit" auf dem Programm.

Eröffnungswochenende der Bludenzer LeinwandLounge: Mit drei Filmen startet die LeinwandLounge in der Remise Bludenz dieses Wochenende in die dritte Saison. Am Freitag steht Luca Guadagninos großartiger Liebesfilm „Call Me By Your Name“ auf dem Programm. Mit lichtdurchfluteten Bildern versetzt der Italiener den Zuschauer in einen norditalienischen Sommer der frühen 1980er Jahre und erzählt von einem 17-jährigen Teenager, der seine erste große Liebe mit einem etwa 15 Jahre älteren amerikanischen Doktoranden erlebt. So einfach und altbekannt die Geschichte ist, so stimmig in jedem Detail, gefühlsintensiv und echt fühlt sich Guadagninos vierter Spielfilm in jedem Augenblick an.
Für beste Unterhaltung für die ganze Familie (ab etwa 10 Jahren) sorgt dann am Sonntagnachmittag Wes Anderson mit seinem Stop-Motion-Animationsfilm „Isle of Dogs – Ataris Reise“. Darin schürt ein japanischer Politiker Angst gegen Hunde, verbannt diese auf eine Insel und plant deren Ausrottung. Der aktuelle politische Gehalt ist nicht zu übersehen, doch jenseits des Plädoyers für Toleranz und Solidarität begeistert der Texaner auch wiederum mit überbordendem Einfallsreichtum, bezaubernder Liebe zum Detail und souveräner Erzählweise.
Abgeschlossen wird das Wochenende am Sonntagabend mit Warwick Thorntons in den späten 1920er Jahren im Outback angesiedelten „Sweet Country“. Der Australier erzählt darin im Gewand eines Westerns von der Verfolgung eines Aborigines, der eines Mordes beschuldigt wird. Thornton übt offen Kritik am australischen Rassismus und bietet gleichzeitig bildmächtiges Outdoor-Kino mit weiter brauner Halbwüste und hohem blauem Himmel. Knapp gehalten sind die Dialoge, die Erzählweise ist ruhig, aber ungemein konzentriert und dicht, irritiert gleichzeitig immer wieder mit kurzen Vorausblenden.
Leinwandlounge in der Remise Bludenz:
Call Me By Your Name:
Fr 14.9., 19 Uhr (engl.-ital. O.m.U.)
Isle of Dogs – Ataris Reise: So 16.9., 15 Uhr (Deutsche Fassung)
Sweet Country: So 16.9., 19 Uhr (engl. O.m.U.)


Transit: Christian Petzold schließt in seiner Verfilmung von Anna Seghers Roman „Transit“ die Vergangenheit der Zeit der deutschen Besatzung Frankreichs mit der Gegenwart kurz. Er belässt die Geschichte von der Flucht des Deutschen Georg (Franz Rogowski) von Paris nach Marseille zwar in den frühen 1940er Jahren, doch moderne Einsatzfahrzeuge oder ein CD-Player verweisen auf die Gegenwart. Leicht könnte so ein Konzept störend wirken, doch in der stilisierten Inszenierung von Petzold geht das perfekt auf. Er verleiht seinem Film damit Zeitlosigkeit und macht gleichzeitig das Leben im Zwischenstadium, im Stillstand zwischen Flucht und Ankommen erfahrbar.
Gespensterhaft oder wie Zombies, auf die in einer Szene explizit Bezug genommen wird, wirken die Figuren in einer gespensterhaften Welt, ohne Verortung, ohne Heimat. Nirgendwohin führen in diesem ebenso dichten wie kühlen, meisterhaft aufs Wesentliche reduzierten und ungemein klug und fein gewobenen Film, den Petzold seinem 2014 gestorbenen Mentor Harun Farocki gewidmet hat, diese Fluchtbewegungen letztlich. Wenn die „Talking Heads“ mit „Road to Nowhere“ zum Nachspann den Schlusskommentar liefern, ist das über die Flüchtlingsthematik hinaus wohl als Kommentar zum Geworfensein des Menschen in seine Existenz zu lesen, als Bild seiner Orientierungslosigkeit, ohne dabei freilich je das reale und konkrete Flüchtlingsschicksal aus den Augen zu verlieren.
Spielboden Dornbirn: Fr 14.9., 19.30 Uhr