Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Walter Gasperi · 12. Sep 2013 · Film

Aktuell in den Filmclubs (13.9. - 19.9. 2013)

Der Lindauer Club Vaudeville zeigt diese Woche mit David Wnendts Debüt "Kriegerin" einen Spielfilm, der hautnah die Neonazi-Szene schildert. Einen verstörenden Blick in die Abgründe der menschlichen Seele wirft dagegen Darren Aronofsky in seinem viel beachteten Debüt "Pi", das im Kunstmuseum Liechtenstein in Vaduz gezeigt wird.

Kriegerin: Am Beispiel der 20-jährigen Marisa bietet David Wnendt in seinem Debütfilm Einblick in die deutsche Rechtsradikalen-Szene. Schonungslos authentisch und mit großer Wucht zeigt Wnendt, wie die Protagonistin und ihre Kollegen in der Straßenbahn Migranten schikanieren und prügeln und Naziparolen schreiend zu harter Rockmusik durch die Gegend fahren.
Stark ist „Kriegerin“ in der Innensicht der Szene. Hier spürt man die ausführlichen Recherchen des Regisseurs. Keine klar strukturierte, militärisch organisierte Truppe wird vorgeführt, sondern ein wilder, saufender und sich in Gewalt abreagierender Haufen, dessen Frust sich in Hass und Gewalt gegen alle entlädt, die nicht ihren Vorstellungen entsprechen. In diesen Szenen packt der fast dokumentarisch wirkende Film durch eine Handkamera, die nah an den Personen ist und mit ihren unruhigen Bewegungen mitten ins Geschehen versetzt. Hier reißt "Kriegerin" mit und macht auch dank der absolut glaubwürdigen Darsteller, aus denen die von Zorn und Wut, Hass und Frust schier berstende, mit großem Körpereinsatz spielende und physisch ungemein präsente Alina Levshin als Marisa herausragt, erfahrbar, wie diese Gesinnung für orientierungslose und perspektivelose Jugendliche zum Zufluchtsort werden kann.
Schwächen weist allerdings das Drehbuch auf, denn allzu holzschnittartig und simpel wird das Neonazitum aus gestörten Familienverhältnissen erklärt. Zu einfach macht es sich Wnendt, wenn er Marisa, für die die Mutter nie Zeit hatte und hat,  Svenja gegenüberstellt, die die Überstrenge des Vaters zum Ausbruch aus dem Elternhaus veranlasst, zu abrupt kommt am Ende auch die Läuterung.
Club Vaudeville,  Lindau: Di 17.9., 20 Uhr


Pi: Max Cohen glaubt durch Zahlen den Schlüssel zur Erkenntnis der Welt zu finden. Sein Forscherdrang treibt ihn immer mehr in Schizophrenie und in die Isolation in seiner von einem Riesencomputer beherrschten höhlenhaften Wohnung.
Darren Aronofsky erzählt diese Geschichte völlig aus der Perspektive der Hauptfigur und gewährt in seinem Erstling durch die Verwendung vielfältiger filmischer Mittel einen  verstörenden Blick in die Abgründe der menschlichen Seele.
Vom ersten Bild an nimmt "Pi" durch die Verwendung von körnigem schwarz-weiß Film mit starken hell-dunkel Kontrasten und durch eine die klaustrophobische Atmosphäre verstärkende Tonkulisse gefangen. Extreme Detailaufnahmen, die jeden Überblick verwehren und harmlose Käfer bedrohlich erscheinen lassen, unglaublich rasante Schnittfolgen, beunruhigende Kameraperspektiven und der Einsatz einer hektischen, verwackelten subjektiven Kamera ziehen den Zuschauer in die düstere Welt des Protagonisten hinein.
Reales (die Visualisierung der extremen Kopfschmerzen der Hauptfigur) und Surreales (ein Hirn in einer U-Bahn Station; die Durchbohrung eines menschlichen Kopfes) vermischen sich hier zu einem alptraumhaften filmischen Trip, der in der Tradition so legendärer Werke wie David Lynchs "Eraserhead" oder Luis Bunuels "Der Andalusische Hund" steht.
Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz: Do 19.9., 20 Uhr