Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Walter Gasperi · 11. Feb 2016 · Film

Aktuell in den Filmclubs (12.2. - 18.2. 2016)

Am Spielboden Dornbirn steht diese Woche im Rahmen der mit pro mente veranstalteten Filmreihe zum Thema „Psychische Krankheiten“ Jean-Pierre und Luc Dardennes meisterhaftes Sozialdrama „Zwei Tage, eine Nacht“ auf dem Programm. Das Alte Kino Rankweil zeigt Alain Gsponers Neuverfilmung von Johanna Spyris Kinderbuchklassiker „Heidi“.

Zwei Tage, eine Nacht: Ein Wochenende bleibt Sandra (Marion Cottillard), um ihre Arbeitskollegen zu überreden, zugunsten ihres Arbeitsplatzes auf eine Prämie zu verzichten. In jeder Szene, ja fast in jeder Einstellung, wird sie in den folgenden 95 Minuten zu sehen sein. Hautnah folgt ihr die mobile Kamera im Rücken oder an der Seite, macht ihre Verzweiflung und Gedrängtheit unmittelbar erfahrbar. Eine Totale, die einen Überblick über das geographische Umfeld vermittelt, gibt es erst nach rund einer Stunde.
Von der ersten Einstellung an packt das bislang letzte Meisterwerk der belgischen Regiebrüder Jean-Pierre und Luc Dardenne. Keinen Moment des Leerlaufs gibt es, keinen Schnörkel, keine überflüssige Szene. Ungemein dicht erzählen die belgischen Brüder mit einer grandiosen Marion Cotillard in der Hauptrolle von Solidarität in Zeiten, in denen die Firma die Entscheidung über Arbeitsplatz oder Entlassung an die Angestellten delegiert.
Zwar beschränken sich die Dardennes darauf ihre Protagonistin eine Liste abklappern zu lassen, aber nie gleitet „Zwei Tage, eine Nacht“ ins Repetitive ab, sondern öffnet stets neue Problemfelder und Blicke. – Ein makelloser, ungemein kompakter und sozial engagierter Film, bei dem den Dardennes auch das Kunststück glückt, ihn weder beschönigend noch niederschmetternd enden zu lassen.
Spielboden Dornbirn:
Di 16.2. + Mi 2.3. - jeweils 19.30 Uhr


Heidi:
Von der Stummfilmzeit über den Klassiker von 1952 bis zur Zeichentrickserie von Hayao Miyazaki in den 1970er Jahren wurden Johanna Spyris Romane über das Mädchen, das aus den Schweizer Alpen in die Großstadt Frankfurt kommt, schon oft verfilmt. Alain Gsponer, der nun als Regisseur für diese Neuverfilmung verantwortlich zeichnet, hat den Stoff selbst schon 1998 im Rahmen eines dreiminütigen Animationsfilms zur Schweizer Imagewerbung verarbeitet.
Dynamisch ist der Beginn mit der Ablieferung Heidis durch ihre Tante beim schroffen Alpöhi. Als sich der alte Mann und das Mädchen langsam näher kommen, holt die Tante aber Heidi auch schon wieder ab, um sie in ein vornehmes Haus nach Frankfurt zu bringen, wo sie Spielgefährtin der gehbehinderten Klara werden soll. Doch in der Großstadt kann Heidi nicht glücklich werden, vermisst sie doch bald Berge und Alpöhi.
Frisch und schwungvoll ist das inszeniert, verklärt trotz prächtiger Landschaftsaufnahmen von Kameramann Matthias Fletscher das Bauernleben im 19. Jahrhundert nicht. Prägnant stellt Gsponer dem freien Leben in der Bergwelt die strenge Etikette im Frankfurter Bürgerhaus gegenüber und erzählt so auch ambivalent von der Sozialisierung und Zivilisierung Heidis, einerseits als Eingrenzung der Freiheit, andererseits auch als ein Erkennen der Bedeutung der Bildung.
Einfühlsam und ganz auf Augenhöhe mit der jungen Anuk Steffen, die mit ihrem Spiel die Herzen nicht nur der jungen Zuschauer erobert, ist Gsponer. Er versucht die Geschichte nicht mit Schnickschnack zu modernisieren, sondern konzentriert sich auf die Figuren, die prägnant gezeichnet und auch in den Nebenrollen mit Bruno Ganz als Alpöhi oder Hannelore Holger als Klaras verständnisvoller Oma trefflich besetzt sind. – Ein dem Original treuer, aber nie verstaubter, sondern frischer und flotter Familienfilm.
Altes Kino Rankweil:
Di 16.2., 16 Uhr