Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Walter Gasperi · 11. Dez 2014 · Film

Aktuell in den Filmclubs (12.12. - 18.12. 2014)

Im Rahmen der Reihe mit Filmen aus Ostasien läuft diese Woche am Spielboden Dornbirn nochmals der furiose japanische Rachethriller „Geständnisse“. Das Kunstmuseum Liechtenstein wiederum setzt die Peter Liechti-Werkschau mit „The Sound of Insects“ fort.

Geständnisse: Eine Lehrerin hat ihre vierjährige Tochter verloren. Laut Polizeibericht war es ein Unfall, sie aber weiß, dass Manami von zwei Schülern ermordet wurde. Jetzt will sie sich rächen.
Auf Gewaltszenen verzichtet Tetsuya Nakashima in seinem virtuosen Rachethriller. Sanfte Musik unterlegt er den durchwegs sorgfältig kadrierten und ausgeleuchteten Bildern, Zeitlupe enthebt den Film immer wieder dem Alltag, lässt alles schwerelos erscheinen. Gerade durch diese Ruhe entwickelt „Geständnisse“ eine suggestive Kraft. Langsam, aber immer tiefer wird der Zuschauer so in das im Film herrschende Klima der Angst und Bedrohung hinein gezogen.
Nakashima entwirft dabei ein zunehmend komplexeres Bild einer japanischen Jugend, der alle moralischen Werte abhanden gekommen sind, und führt im Kern einen Diskurs über den Wert des Lebens. Nicht aufgesetzt, sondern durchaus passend ist dabei auch die Bezugnahme auf Dostojewskis „Schuld und Sühne/Verbrechen und Strafe“. Wie dort Raskolnikov will sich nämlich hier ein hochbegabter Schüler über alle menschlichen Regeln hinwegsetzen.
In der Mutter findet sich aber eine noch kühlere, dem Schüler überlegene Rächerin. Mit kühnen Wendungen entwickelt Nakashima die Handlung weiter und führt schließlich im furiosen Finale Lehrerin und Schüler wieder zusammen.
Spielboden Dornbirn: Di 16.12., 20 Uhr


The Sound of Insects:
In einer verschneiten Naturlandschaft wird eine Leiche gefunden. Die Kamera zeigt aus der Distanz ihren Abtransport, während eine Off-Stimme Hintergründe erläutert: Ein Jäger habe den Toten in einer Hütte gefunden. Fein säuberlich mumifiziert sei der rund 40-jährige Mann gewesen und müsse schon rund hundert Tage dort gelegen sein, habe aber einen minutiösen Bericht seines Sterbens hinterlassen. Dieser kühl-sachliche Text steht im Mittelpunkt des Films, nicht seine Verfilmung, sondern vielmehr seine Inszenierung folgt auf diesen Prolog.
Minutiös, mit Tagesangaben versehen, zeichnet der Text, der weitgehend einer auf einem wahren Fall beruhenden Novelle des Japaners Mashiko Shimada folgt, die 62 Tage des selbstgewählten Verhungerns nach, spricht von körperlichen Schmerzen, von Folgen des Flüssigkeitsentzugs, von Gedanken an das Leben in der anderen Welt.
Wie „The Sound of Insects“ freilich von einer Reise in eine andere Welt erzählt, so ist er selbst eine solche Reise. Denn zu den Texten zeigt der im April dieses Jahres verstorbene Peter Liechti Naturlandschaften, saftiges Grün der Tannenäste, ein Spinnennetz in Großaufnahme in strahlendem Sonnenlicht und dazwischen niederprasselnden Regen. Und auf der Tonebene hört man das titelgebende Summen der Insekten, das Zirpen von Grillen. Unberührt bleibt die Natur angesichts des Entschlusses des Mannes, die Welt reagiert auf das Sterben eines Einzelnen nicht – das Leben geht weiter.
Keine äußere Handlung gibt es hier, sondern vielmehr eine Innere, die zur Reise des Zuschauers ins eigene Innere wird. Im assoziativen Strom der Bilder und Töne mutet „The Sound of Insects“ zwar einiges zu, ist aber in seiner Fülle an Eindrücken auch ungemein anregend und bindet durch die Montage das Denken nicht, sondern befreit es.
Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz:
Do 18.12., 20 Uhr