Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Walter Gasperi · 31. Mär 2016 · Film

Aktuell in den Filmclubs (1.4. - 7.4. 2016)

Beim Filmforum Bregenz und TaSKino Feldkirch steht diese Woche das vielfach preisgekrönte Debüt "Mustang" auf dem Programm. Am Spielboden Dornbirn wird in Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe der bewegende polnische Spielfilm "In meinem Kopf ein Universum" gezeigt.

Mustang: Unbeschwert tollen fünf Schwestern in Deniz Gamze Ergüvens vielfach preisgekröntem Spielfilmdebüt nach dem letzten Schultag vor den Sommerferien auf dem Heimweg mit ein paar Mitschülern am Schwarzen Meer herum. Kein Hauch von Erotik ist dabei, wenn sie sich auf dem Rücken der Jungs durchs Wasser tragen lassen. Doch eine Nachbarin, die das Geschehen verfolgt, sieht das anders, meldet das Verhalten der Mädchen deren Großmutter, die sich um die Waisen kümmert.
Harmlos sind aber die Schläge der Oma im Vergleich zur Reaktion ihres Sohnes Erol, des Onkels der Teenager. Dieser entzieht ihnen nicht nur das Handy und die lockere Kleidung, sondern schneidet sie bald auch vom öffentlichen Leben ab, erhöht die Mauern um das Haus und vergittert die Fenster.
Den Freiheitsdrang der Mädchen kann er damit zwar nur teilweise unterbinden, doch schlägt seine absolute Verfügungsgewalt brutal zu, wenn er die Schwestern zu verheiraten beginnt.
Doch trotz dieser bitteren Realität taucht Ergüven ihren autobiographisch beeinflussten Spielfilm in lichtdurchflutete, sommerliche Bilder, verleiht ihm große Sinnlichkeit und lässt ihn auch nicht hoffnungslos enden.
Poesie und Realität fließen hier zusammen und so unbändig die fünf wunderbar natürlichen Hauptdarstellerinnen agieren, so unbändig ist vielfach auch die Erzählweise von Ergüven. Abrupt wechseln hier Momente des Glücks und der Freiheit mit brutaler Unterdrückung, humorvolle Szenen mit Tragik. Hervorragend unterstützt wird dieser Mix aus Ausgelassenheit und Beklemmung dabei auch durch die Musik von Warren Ellis, doch nie wird die Brutalität des Patriarchats verharmlost.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Fr 1.4., 22 Uhr
TaSKino Feldkirch im Kino Rio: Fr 1.4. bis Do 7.4.
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 1.6., 18 Uhr + Do 2.6., 19.30 Uhr

 

In meinem Kopf ein Universum: „Sein Gehirn arbeitet nicht, er ist Gemüse“, kommentiert die Ärztin schonungslos den Zustand von Mateusz, als dieser aufgrund seiner zerebralen Bewegungsstörung Bauklötze nicht wie gewünscht anordnen kann, sondern umstößt. – Dass der Junge aber alles wahrnimmt, was um ihn vorgeht, erfährt nur der Zuschauer, denn mit dem Voice-over von Mateusz bietet Maciej Pieprzyca immer wieder Einblick in seine Gedanken.
Er mag weder seine Beine noch Hände noch Zunge koordinieren können, im Rollstuhl sitzen und weder schreiben noch sprechen können, aber sein Gehirn ist durchaus intakt. Wie aber soll er der Umwelt mitteilen, dass er sie durchaus versteht?
Ganz auf Augenhöhe mit dem von Dawid Ogrodnik grandios, aber nie affektiert gespielten Mateusz ist die Kamera, aus seiner Perspektive blickt der Zuschauer auf die Welt und lässt ihn so eindringlich die hilflose Lage von Mateusz zwischen Verstehen einerseits und Unfähigkeit sich mitzuteilen andererseits erfahren.
Leicht hätte die auf einem wahren Fall beruhende Geschichte in Rührseligkeit abgleiten können, doch Pieprzyca erzählt geradezu nüchtern und unsentimental, zwar mit großer Anteilnahme, aber nie bemitleidend.
Eindringlich zeigt der 51jährige polnische Regisseur, der bislang vor allem TV-Serien drehte, wie die Dinge nicht immer so sind wie sie zu sein scheinen, wie leicht eine vorgefasste Meinung das Verhalten beeinflusst und wie wichtig deshalb Offenheit und ein zweiter Blick sind. Denn nachdem Mateusz einmal abgestempelt ist, macht sich niemand mehr die Mühe ihn genauer zu untersuchen, sieht jeder in ihm nur den nicht nur körperlich, sondern auch geistig Behinderten.
Gleichzeitig erzählt „In meinem Kopf ein Universum“ auch bewegend von Kampfgeist und Durchhaltewillen. Denn nie gibt Mateusz auf, sondern nützt schließlich nach über 20 Jahren die Chance, als er eine Gelegenheit gekommen sieht, sich verständlich zu machen.
Spielboden Dornbirn:
Mi 6.4., 19 Uhr