Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Gunnar Landsgesell · 04. Mai 2016 · Film

A Bigger Splash

Ein Urlaub auf einer entlegenen Insel, der sich rund um einen fast stimmlosen Popstar (Tilda Swinton) zu einer vertrackten, geradezu grotesken Gefühlsprüfung entwickelt. Regisseur Luca Guadagnino („I Am Love“) stellt erneut die Frage, was Liebe bedeutet. Mit viel Extravaganz - bis zum großen Splash.

Wenn der Musikmanager Harry (Ralph Fiennes) einen selbstverliebten Tanz zur 80er-Jahre Nummer Emotional Rescue (!) von den Rolling Stones hinlegt, dann will er nicht nur seinem dreiköpfigen Publikum im Hotelzimmer gefallen, sondern liefert uns unfreiwillig auch gleich eine Selbstbeschreibung: Ein Mann, der sich für unwiderstehlich hält, ohne zu merken, dass er dabei ehrlich erbärmlich wirkt. Für den italienischen Regisseur Luca Guadagnino ist diese Selbstentblößung freilich Programm. In einer langen Plansequenz exponiert er seinen Akteur, der in „A Bigger Splash“ immer etwas zu schrill, zu fordernd auftritt und am Ende doch nur die Tragödie eines lächerlichen Mannes zu offerieren hat. Guadagnino schätzt seinen Protagonisten genau dafür und gibt ihm den nötigen Raum. Das schöne an Guadagninos tragikomischer Farce ist aber, dass Harry (der ähnlich wie Harvey Keitel in Paolo Sorrentinos „Youth“ sich noch in früherer Größe inszeniert) die anderen drei, merkbar subtiler ausgestatteten Figuren, nicht mit seinen Redundanzen zudeckt.

Spaß an der Groteske


„A Bigger Splash“ ist eine Ménage à quatre, die sich rund um den Swimming Pool eines Ferienhauses entfaltet. Auf einer italienischen Insel, die näher bei Tunesien als bei Sizilien liegt und die örtliche wenn nicht emotionale Entrücktheit dieser vier Urlauber wunderbar paraphrasiert. Eigentlich wollten die Rocksängerin Marianne (Tilda Swinton) und ihr wesentlich jüngerer, aber gleichermaßen besonnener Lebensgefährte, der Filmemacher Paul (Matthias Schoenaerts), einen ungestörten Urlaub genießen. Marianne hat ihre Stimme verloren und braucht Schonung, beides wird sie den gesamten Film über nicht bekommen. Plötzlich taucht Harry auf. Neben ihm eine junge Frau (Dakota Fenning), die angeblich seine Tochter ist. Von deren Existenz will er erst unlängst erfahren haben. Ein Urlaub zu viert beginnt, für den das Drehbuch permanent die Figuren miteinander verwebt bis niemand mehr Kontrolle über seine eigene Befindlichkeit hat. Harry ist der Ex von Marianne, der die Trennung offenbar nicht ganz überwunden hat. Zugleich richtet seine angebliche Tochter – Fenning als provokante, Lolita-gleiche Verführerin – begehrliche Blicke an Paul. Während sich das Geschehen Richtung Kriminalplot zuspitzt, baut Guadagnino die vielfach grotesken Momente seines Films zu einer über allem schwebenden Reflexion auf die Echtheit menschlicher Gefühle auf. Swinton und Schoenaerts sind dabei das kuriose Paar, das auf seine Liebe geprüft wird. Swinton, die mit ihrer Figur des privaten Popstars einmal mehr einen extravaganten Spaß daran findet, eine (fast) unnahbare Aura zu errichten, überzeugt dabei, sich Paul immer wieder flüsternd in ihrer Zuneigung anzuvertrauen. Beendet wird das Spielchen durch einen großen Platsch im Swimmingpool, doch Guadagnino begeht nicht den Fehler, das Drama obsiegen zu lassen. „A Bigger Splash“ ist lose der Konstellation von „Der Swimmingpool“ von 1969 (Alain Delon, Romy Schneider) nachempfunden, interessiert sich aber weniger für den Plot dieser Geschichte. Was auffällt ist Guadagninos Versuch, die Gefühle seiner Figuren in das Erleben filmischer Momente für das Publikum zu verlängern. Es ist gleichsam die Suche nach der Aufrichtigkeit des Films selbst, sofern es gelingt, eine Sensitivität des Materials erfahrbar zu machen. Das gelingt zwar nicht immer, verleiht dem Film aber eine gewisse Schönheit.