Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Peter Füssl · 07. Dez 2017 · CD-Tipp

Trio Da Kali & Kronos Quartet: Ladilikan

Fodé Lassana Diabaté am Balafon, der auch im Hip-Hop erfahrene Mamadou Kouyaté an der Bass-Ngoni und die Sängerin Hawa Kassé Mady Diabaté – alle drei Mitglieder der seit Jahrhunderten einflussreichsten Griot-Familien in Mali – stehen im musikalischen Epizentrum dieser außergewöhnlichen Produktion. In Mali gelten die drei als Supergroup, dennoch hatte Bandleader Fodé Diabaté zuerst Bedenken, ihre archaischen Instrumente könnten in direkter Konfrontation mit den Streicherstars des Kronos Quartets untergehen, als World Circuit-Label-Chef Nick Gold, der vor zwanzig Jahren auch schon die „Buena Vista Social Club“-Welle in Gang gebracht hatte, einen Vorschlag zur Zusammenarbeit unterbreitete.

Mittlerweile ist der Virtuose auf dem mit Kürbissen als Resonatoren behängten afrikanischen Xylophon begeistert, weil sich die Amerikaner als äußerst feinsinnige und geschmackssichere Kooperationspartner erwiesen haben. Sie verleihen den zehn zumeist tranceartigen, hypnotisch groovenden Tracks eine breite Palette an zusätzlichen Farben, setzen ihnen dynamische Glanzlichter auf und heben sie auf eine neue musikalische Ebene, ohne ihnen ihren ursprünglichen Reiz zu nehmen. Zentrales Element der Songs ist die unglaublich warme und kraftvolle Stimme Hawa Diabatés, die in der malischen Nationalsprache Bambara in bester Griot-Manier Geschichten, Liebeslyrik oder auch Moralpredigten zum Besten gibt, aber auch einen Gospelsong von Mahalia Jackson in ihre Lebenswelt integriert. Hatte sich Jackson noch über die scheinheiligen Gläubigen geärgert, die sonntags brav in den Gottesdienst gehen und montags schon wieder sündigen, überträgt Diabaté dies auf die Islamisten im Norden Malis, die das Freitagsgebet abhalten und am nächsten Tag wieder Unschuldige hinschlachten. Auch wenn die Sprache für westliche Ohren unverständlich ist, gelingt es der stimmgewaltigen Vokalistin, die Inhalte auf der Gefühlsebene herüberzubringen. Kronos-Mastermind David Harrington erklärt, „Ladilikan“ sei ihm von allen Kollaborationen die liebste. Das mag etwas heißen, hat das innovative, in San Francisco beheimatete Streichquartett in den bald 45 Jahren seines Bestehens doch rund 50, alle stilistischen und auch ethnischen Grenzen sprengende Alben veröffentlicht.

(World Circuit/www.lotusrecords.at)