Torres: Sprinter
Die 24-jährige Mackenzie Scott, die sich nach ihrem Großvater Torres nennt, blickt uns vom Cover ihres grandiosen zweiten Albums „Sprinter“ als gespaltene Persönlichkeit – zur Hälfte in gleißendes Licht, halb in Finsternis getaucht – ganz direkt und unausweichlich in die Augen. Es ist wohl als Warnung zu verstehen!
„Father, mother, I’m under water and I don’t think you can pull me out of this“ – singt sie im ruhigsten, weil nur mit Akustikgitarre begleiteten Stück „The Exchange“. Wer sich in die düstere Welt der in Macon/Georgia aufgewachsenen und in Nashville lebenden Singersongwriterin hineinfallen lässt, taucht in ein höllisch aufgeladenes Wechselbad der Gefühle ein, in einen unentrinnbaren Strudel aus Ängsten, Unsicherheit, Weltschmerz und Frustrationen, der nur selten erahnen lässt, dass es irgendwo ein Licht geben könnte. Mit Hilfe von Robert Ellis und Ian Olliver (Drummer und Bassist der ursprünglichen Band von P.J. Harvey, die einem als Bezugsperson ohnehin immer mal in den Sinn kommt) und von „Portishead“ Adrian Utley hat Torres den perfekt passenden Soundtrack zu diesem emotionalen Hindernislauf gefunden: zartes Gitarrengeplänkel wechselt mit düster verzerrten, beinharten Grunge-Attacken, verhallte Synthieklänge mit knüppeldickem Rockgeprügel, Keyboardgeklimper mit Southern Rock-Einsprengseln – in diesen ständigen Dynamikwechseln spiegeln sich ihre gewitterhaften, meist eine Aura des Bedrohlich-Unheimlichen ausstrahlenden Seelenzustände. Torres ist eine Zerrissene, die aber nicht kraftlos vor sich hinlamentiert, sondern Aggressionen entwickelt und die Dämonen bei den Hörnern packt, die auch noch in der Resignation Größe zeigt. Ihre Stimme ist das ideale Vehikel für die starken Texte, ob sie verträumt flüstert oder aus tiefer Verzweiflung heraus wütend aufschreit, es geht unter die Haut, wühlt auf, zieht in den Bann, nimmt gefangen. Torres trifft Dich direkt in die Seele! (Partisan Records)
Konzert-Tipp: Torres spielt am 13.9., 20.30 Uhr im Palace St. Gallen. www.palace.sg
