Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Peter Füssl · 24. Feb 2016 · CD-Tipp

Tord Gustavsen with Simin Tander and Jarle Vespestad: What was said

Dieses wundervolle Trio sprengt und überwindet alle Grenzen. Zwei Norweger und eine afghanisch-stämmige Deutsche interpretieren eigens auf Paschtu übersetzte alte norwegische Kirchenlieder, während die mystischen Verse des persischen Mittelalter-Lyrikers Dschalal al-din Rumi in einer englischen Fassung präsentiert werden - ergänzt durch ein Gedicht des amerikanischen Beat-Poeten Kenneth Rexroth.

Er sei weit mehr durch die frommen Hymnen seiner Heimat als durch irgendwelche Jazzstandards musikalisch sozialisiert worden, erklärt Pianist Tord Gustavsen, der hier erstmals auch äußerst dezent Elektronik ins überaus delikate Spiel bringt. Mit dem höchst sensibel agierenden Schlagzeuger und Perkussionisten Jarle Vespestad verbindet ihn eine langjährige musikalische Freundschaft, die sich längst in einem perfekten, aber niemals routinehaft wirkenden Zusammenspiel verdichtet hat. Und die 1980 in Köln geborene Vokalistin Simin Tander setzt hier wohl mit anderen Mitteln jene musikalische Spurensuche nach ihrem im Alter von vier Jahren verloren gegangenen afghanischen Vater fort, die sie vor zwei Jahren mit ihrem abwechslungsreichen Album „Where Water Travels Home“ aufgenommen hat. „What was said“ ist trotz, oder vielleicht gerade wegen aller zurückhaltenden Feinarbeit, Verlangsamung und Kontemplation ein extrem berührendes Album geworden, in dessen emotionalem Epizentrum Simin Tander ihre beachtliche Ausdrucksstärke voll zur Wirkung bringen kann. Fern jeglicher Exaltiertheit zieht sie einen unweigerlich in den Bann – gerade wenn sie nur noch zart flüstert oder haucht, beginnt es vor Intensität zu knistern. Ihr intimer Gesang gräbt sich tief in die Seele ein, auch wenn man die im sich überlagernden Grenzbereich von Christentum und Sufismus schwebenden Worte nicht versteht – die mitgereichten Texte ermöglichen da noch einen weiteren intellektuellen Zugewinn. Im Mittelteil gibt es zwar ein jazznahes Intermezzo, mit großer Sicherheit wird sich aber „What was said“ – für ECM nicht untypisch – jenseits aller Genreschubladen zum Magneten für alle musikalischen Feinspitze entwickeln.
(ECM/www.lotusrecords.at)

Konzerttipps:
25.2. Porgy & Bess, Wien
27.2. Moods, Zürich
10.8. Lech am Arlberg - Solo-Piano