Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Peter Füssl · 12. Feb 2018 · CD-Tipp

Till Brönner & Dieter Ilg: Nightfall

Wenn zwei grandiose Könner wie der Berliner Trompeter und Flügelhornist Till Brönner und der Freiburger Bassist Dieter Ilg uneitel der hohen Kunst des Duospiels frönen und den Fokus nicht auf virtuose Kraftmeierei, sondern hörbar auf die Freude am musikalischen Dialog legen, ist das schon die halbe Miete. Wenn dann noch eine höchst eigenwillige Stückauswahl dazukommt, die ein durchaus stimmiges Gesamterlebnis zeitigt, ist ein außergewöhnliches Hörvergnügen garantiert.

So dient der gefühlvolle Opener „A Thousand Kisses Deep“ von Leonard Cohens großartigem 2001-er Comeback-Album „Ten New Songs“ den beiden ebenso als Inspirationsquelle, wie der zwischen Swing und Cool-Jazz angelegte Kern/Hammerstein-Song „Nobody Else But Me“ aus den 1940-ern, der unverwüstliche Lennon/McCartney-Klassiker „Eleanor Rigby“, oder der erst fünf Jahre alte, quicklebendige Dancepop-Hit „Scream & Shout“ von will.i.am und Britney Spears. Ornette Colemans ungestümes „The Fifth of Beethoven“ findet ebenso seinen Platz wie wundervolle De- und Rekonstruktionen von J. S. Bachs „Air“ und des 400 Jahre alten Kirchenlieds „Ach bleib mit deiner Gnade“ von Melchior Vulpius – Letzteres ist übrigens eines der wenigen Stücke, wo nicht rein akustisch musiziert wird, sondern stimmungsvolle elektronische Klangflächen hinterlegt werden, um Atmosphäre zu schaffen. Das Titelstück „Nightfall“, „Wetterstein“ und „Peng! Peng!“ sind Originale des Duos, die aus gemeinsamen Improvisationen entstanden sein dürften und die durchaus experimentierfreudig wirken. Till Brönners zumeist verhallte, mit gefühlvollem Understatement erst recht wirkungsvoll geblasene Trompete und Dieter Ilgs fulminant singender, mit großem Einfallsreichtum und beeindruckender Fingerfertigkeit gezupfter Bass harmonieren stets perfekt, ohne jemals in Gefahr zu kommen, in Perfektion zu erstarren. Ilg hat sich in letzter Zeit vorwiegend mit Bach, Beethoven, Wagner oder Verdi beschäftigt, Brönners Platten gerieten zumeist etwas brav und glattgebürstet. Dieses Album ist endlich wieder einmal ein Statement der beiden, über das man sich als fortgeschrittener Freund origineller Jazzmusik vorbehaltlos freuen darf. (Masterworks/OKeh/Sony)

Konzerttipp: Um dieses hervorragende Duo in unserer Region live zu erleben, muss man noch ein bisschen warten: 18.11. Inselhalle Lindau