Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Peter Füssl · 01. Mär 2017 · CD-Tipp

Shake Stew: The Golden Fang

„Ein Stew ist ein Eintopf, in den tausend verschiedene Sachen reinkommen – was ich durchaus auf meine Musik beziehen kann. Shake Stew ist ein Eintopf, der noch einmal von sieben Leuten kräftig durchgeschüttelt wird“, so erklärt der 28-jährige Kontrabassist Lukas Kranzelbinder den eigenwilligen Namen seines nicht weniger unorthodoxen musikalischen Großprojekts, mit dem er letztes Jahr das Hauptprogramm des Jazzfestivals Saalfelden eröffnete. Je zwei Bassisten (Kranzelbinder und Manuel Mayr), Drummern (Niki Dolp, Herbert Pirker) sowie Saxophonisten (Clemens Salesny, Johannes Schleiermacher) und dem Trompeter Mario Rom – allesamt zur Crème de la Crème der kreativen Wiener Jazzszene zählend – hat der junge Kärntner und Peter Herbert-Schüler im Rahmen dieser Auftragsarbeit Maßgeschneidertes auf den Leib geschrieben.

Die – an Ornette Coleman erinnernde – Doppelbesetzung mit gleichermaßen virtuosen wie experimentierfreudigen Grenzüberschreitern eröffnet dem ungemein kreativen Kranzelbinder eine stilistisch unbegrenzte Spielwiese, auf der er seine ausgefallenen Soundideen und hinreißenden Stilmixes wild wuchern lassen kann. Als Inspirationsquellen und Bezugspunkte dienen Kranzelbinder unter anderem das Art Ensemble of Chicago, Don Cherry, die verschroben komplexen, unentwirrbaren literarischen Welten eines Thomas Pynchon („The Golden Fang“ ist der Name eines Drogenhändlerringes im Roman „Inherent Vice“) oder Jim Jarmusch-Filme. Das Ergebnis ist eine ähnlich verblüffende musikalische Achterbahnfahrt, wie man sie vom Trio Interzone mit Rom, Pirkner und Kranzelbinder her kennt, nur halt verdoppelt und um zwei nicht weniger einfallsreiche Saxophonisten erweitert. Die zum Teil mehrteiligen und bis zu acht Minuten langen Stücke spielen die erweiterten Klangmöglichkeiten voll aus, schöpfen aus der Jazzgeschichte, aber auch aus Funk, Rock oder Minimal Music, verblüffen mit kühnen Arrangements und brillanten Soli und unterhalten mit blendendem Spielwitz. Der Spaß der Akteure am knallbunten Geschehen überträgt sich mühelos auf die Zuhörer – live zu erleben im Wiener „Porgy & Bess“, wo Shake Stew als Stage Band mit sechs unterschiedlichen Programmen seine unglaubliche Live-Präsenz unter Beweis stellt(e).

(Traumton)

Konzert-Tipp: Shake Stew – die restlichen Termine im „Porgy“: 16.3. The Golden Fang; 20.4. Introducing King Shabaka; 1.6. Grande Finale - www.porgy.at