Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Peter Füssl · 06. Apr 2016 · CD-Tipp

Poliça: United Crushers

Eine Schwangere hält die Hände über ihren Kopf, zwei Finger sind abgeschnitten, Neon-Blut rinnt über ihren Körper - das Cover lässt keinen Zweifel daran, dass es auf dem dritten Album von Poliça wiederum um die düsteren Seiten des American Way of Life geht. Die Schwangere ist Poliça-Sängerin Channy Leaneagh, die ihrem ungeborenen Kind mit den ersten Textzeilen die Frage „Whatchya wanna be when you’re big enough to see it’s all shit?“ stellt.

Denn es geht in ihren Lyrics um die Zukunft in einer heruntergekommenen, verarmten und verrohten Welt voller Rassendiskriminierung, Polizeiwillkür, Sexismus, Kriminalität und Drogen. Auch um Big Business, Manipulation und Verlogenheit, unausgesprochen vielleicht um eine Welt, in der jeder Trampel mit genug Geld an die Spitze der Machtpyramide gelangen kann. Im Gegensatz zu den beiden Vorgängeralben der Band aus Minneapolis ist Leaneaghs Stimme nur in den ersten paar Minuten extrem verfremdet, auf Männertonlage heruntergepitcht – ab dann singt sie meist etwas verhallt, aber unverstellt sozusagen Klartext. Vielleicht keine ganz große Stimme, aber eine unverwechselbare, eine, die gefangen nimmt. So wie die abgeschnittenen Finger auf dem ästhetisch durchgestylten Cover zusammen mit knallroten Mohnblüten auf tiefschwarzem Grund zu einem wunderschönen psychedelischen Muster arrangiert werden, setzt auch die Musik nicht nur auf Düsternis, sondern hält den Texten einen rauschhaften Sound aus für Poliça-Verhältnisse eingängigem Synthie-Pop, R’n’B-Grooves und einem brodelnden Rhythmus-Teppich entgegen, dem man sich nicht entziehen kann. Chefelektroniker und Arrangeur Ryan Olson, der wendige Bassist Chris Bierden und die beiden vitalen Drummer Ben Ivascu und Drew Christopherson sorgen für die perfekte Soundkulisse für  Channy Leaneaghs charismatischen Gesang. Teilweise wirkt die Musik fast schon kontrapunktisch zu den Texten, denn die Verhältnisse sind zwar frustrierend und angsteinflößend, aber irgendwie auch nicht hoffnungslos, und man weiß, dass da oben irgendwo die Sonne sein muss, auch wenn man nur düstere Wolken sieht.

(Memphis Industries/Indigo)