Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Peter Füssl · 29. Nov 2017 · CD-Tipp

Panzerballett: X-Mas Death Jazz

Keine Spur von stiller Nacht und leise rieselndem Schnee, wenn das Münchner Panzerballett die beliebtesten heimischen und internationalen Weihnachtslieder durch den Fleischwolf der „Verkrassung“ drehen, wie sie ihre musikalische Vorgangsweise nennen.

Band-Mastermind Jan Zehrfeld und sein Quintett unterziehen unter gelegentlicher Mitwirkung einer illustren Gästeschar saisonale Kaufhausberieselungsgassenhauer wie „White Christmas“, „Little Drummer Boy“, „Rudolph, The Red-Nosed Reindeer“ oder „Last Christmas“ gnadenlosen Dekonstruktions- und Rekonstruktionsattacken, unvorhersehbaren Rhythmuswechseln mit punktgenauen Breaks und vertrackten Arrangements. Drummer Sebastian Lanser trommelt sich mit großer Exaktheit durch das anspruchsvolle Material, Heiko Jung lässt den Bass heftig brodeln und brummen, Zehrfeld, Joe Doblhofer und Mattias ‚IA’ Eklundh peitschen sich gegenseitig durch E-Gitarren-Infernos, und Tenorsaxophonist Alexander von Hagke setzt die melodischen Kontrapunkte dazu. Dabei kommt auch auf dem sechsten Longplayer der Münchner jene harte, aber herzliche Progressive Metal-Jazz-Funk-Rock-Mischung heraus, die gleichermaßen auf Intellekt wie Eingeweide zielt. Einschlägige Musik-Connaisseure mit der entsprechenden Humorstruktur lieben das Panzerballett aber auch für Einfälle, wie jenen, in „Let It Snow“ wunderschönen 1950-er Jahre Harmoniegesang in gutturales Trash-Geknurre umkippen zu lassen, oder den fröhlichen Schunkler „Jingle Bells“ in ein rasantes, hochdramatisches „For Whom The Jingle Bells Toll“ umzubauen. Natürlich könnte man „X-Mas Death Jazz“ als konsumkritische Anti-Verkitschungsaktion mit ausgefinkelten musikalischen Mitteln deuten. Eher ist es aber einfach ein höchst anspruchsvolles, hart rockendes, aber auch lässig groovendes Weihnachtskuschelmonster, das man allen unartigen Musikliebhabern liebend gerne unter den Christbaum wünschen möchte.

(Gentle Art of Music)