"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Peter Füssl · 19. Jun 2017 · CD-Tipp

Nils Wogram Root 70: Luxury Habits

Der in Braunschweig geborene und seit vielen Jahren in Zürich lebende Posaunist Nils Wogram ist einerseits mit der Jazztradition bestens vertraut, gilt andererseits aber auch als legitimer Nachfolger des experimentierfreudigen Albert Mangelsdorff und ist permanent auf der Suche nach neuen musikalischen Wegen – etwa mit dem aus vier Posaunisten bestehenden Vertigo Trombone Quartett oder dem ausschließlich aus Bläsern bestehenden Nils Wogram Septett.

Seine älteste Band ist das 2000 gegründete Quartett Root 70 mit dem Altsaxophonisten Hayden Chisholm, dem Kontrabassisten Matt Penman – beide stammen ursprünglich aus Neuseeland –  und dem in New York lebenden Kölner Schlagzeuger Jochen Rueckert. Bei „Luxury Habits“, dem bereits neunten Album der Band, wollte man sich nicht wie bei den letzten vier Alben auf ein enges Konzept einzulassen, sondern wieder mehr in Richtung musikalisches Risiko gehen. Aber natürlich kennt man sich mittlerweile bestens, und Wogram hatte wohl wenig Mühe, den Bandmitgliedern acht perfekt sitzende Kompositionen auf den Leib zu schreiben. Diese beziehen ihren Reiz aus vertrackten Rhythmen, überraschenden Brüchen und Tempowechseln, unkonventionellen Melodieführungen und dem perfekten Ineinanderfließen von durchkomponierten Passagen und freien Improvisationen. Titel wie „To Don’t List“, „It’s Arrogant To Call Me Arrogant“ oder „Party Anxiety“ (eine Rueckert-Komposition) lassen zudem erahnen, dass den Herren trotz ernsthaften Musizierens mitunter auch der Schalk im Nacken sitzt. Der Einfallsreichtum des Rhythmus-Gespanns verblüfft ebenso wie die sich auf unterschiedlichste Weise aneinander reibenden, schmiegenden und miteinander dialogisierenden Bläser oder die Multiphonics des Posaunisten. Da ist enorm viel Energie und Spielfreude herauszuhören – man probt halt schon für die Zukunft, wie der mit einem exzellenten Wogram-Solo beginnende und mit gut neun Minuten längste Titel „Rehearsing The Future“ vermuten lässt. 

(nWog Records)