Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Peter Füssl · 10. Apr 2017 · CD-Tipp

Natalia Mateo: De Profundis

„I always went my own road and on my own legs where I had a mind to go“ ließ die aus Polen stammende und in Berlin lebende Sängerin, Komponistin und Bandleaderin Natalia Mateo auf ihrem vor zwei Jahren erschienenen, erstklassigen ACT-Debut „Heart of Darkness“ selbstbewusst verlauten. Dieses Joseph Conrad-Zitat passt ebenso perfekt auf das neue Album, das eindrucksvoll unter Beweis stellt, wie eigenständig und klischeefrei sich die 34-Jährige im Spannungsfeld von Jazz und Singer-Songwriting bewegt – unterstützt von einer bestens aufeinander eingespielten Band, die unterschiedlichste musikalische Atmosphären zu zaubern und die Ausdruckskraft der unkonventionellen Vokalistin stets ins beste Licht zu rücken versteht.

Selbst den von Dolly Parton 1973 geschriebenen und von Whitney Houston in den 1990er-Jahren x-fach vergoldeten Millionenseller und Evergreen „I Will Always Love You“ bürstet Mateo dermaßen gegen den Strich, dass er kaum mehr zu erkennen ist und fern seiner ursprünglichen Country- und seiner gefühlsduseligen R’n’B-Fassung ein völlig neues Eigenleben entwickelt. Ähnlich behandelt sie Krzysztof Komedas Kennmelodie für Polanskis „Rosemary’s Baby“, das polnische Traditional „Bandoska“ oder einen Song ihres Landsmannes Czesław Niemen, der nicht zuletzt dank Saxophonist Sebastian Gille wie die polnische Variante eines leicht beduselten Tom Waits-Klassikers daherkommt. Im Vergleich zu ihrem Debut setzt Natalia Mateo aber weniger auf Covers, sondern verstärkt auf Eigen- und Bandkompositionen, die sie oft in ihrer Muttersprache interpretiert und für die sie neben eigenen auch Texte von William Blake oder François Villon verwendet. Die Bandbreite mancher Stücke reicht von geheimnisvoll zurückhaltendem Flüstern über lässige Grooves bis hin zu ziemlich schrägen, mitunter auch rockigen Ausbrüchen – etwa im seinem Namen durchaus gerecht werdenden Stück „Eksplozja Paranoja“. Der Reiz liegt in der zumeist geschickt auf Reduktion setzenden, aber umso wirkungsvolleren Instrumentierung, im Reichtum an Kontrasten und natürlich in der Intensität und Ausdruckskraft von Natalia Mateos Stimme. Zum Schluss kommt dann noch Rilkes „Du musst das Leben nicht verstehen, dann wird es werden wie ein Fest“ als unangekündigtes A-Cappella-Ständchen – vielleicht ist das ja schon das Konzept für das nächste Album der experimentierfreudigen Sängerin.

(ACT)