Uraufführung des Stückes „Stromberger oder Bilder von allem“ im Vorarlberger Landestheater (Foto: Anja Köhler)
Peter Füssl · 11. Okt 2017 · CD-Tipp

Lizz Wright: Grace

Wenn die 37-jährige, aus der ländlichen Kleinstadt Hahira in Georgia stammende Prediger-Tochter Lizz Wright „back to the roots“ geht und ihre ganz persönliche Verbundenheit mit den lieblichen, entspannten, aber irgendwie auch mystisch anmutenden Seiten des US-amerikanischen Südens zelebriert, ist das eine höchst emotionale Angelegenheit. Aus siebzig Songs, die ihr der als Produzent fungierende Singer-Songwriter Joe Henry vorgeschlagen hat, wählte die Sängerin neun Stücke aus, die sie auf ihre unnachahmlich sensible und dennoch kraftvolle Art ganz zu ihren eigenen macht.

Das erstreckt sich von thematisch Naheliegendem wie Allen Toussaints „Southern Nights“ über das von Nina Simone bekannt gemachte „Seems I’m Never Tired of Lovin’ You“ zu „What Would I Do Without You“ von Ray Charles oder den populären 1930-er Jahre-Jazzstandard „Stars Fell On Alabama“. Aber auch Bob Dylans „Every Grain of Sand“ oder k.d. langs „Wash Me Clean“ fügen sich nahtlos in diese großartige Südstaaten-Ode ein. Mit dem ergreifenden, bluesigen Opener „Barley“ des jungen Duos Birds of Chicago und dem stimmungsvollen, von der aufstrebenden Songwriterin Rose Cousins komponierten Titeltrack „Grace“ sind auch zwei völlig unverbrauchte Kompositionen dabei, was natürlich auch auf den von Wright in Kooperation mit Maia Sharp verfassten Song „All The Way Here“ zutrifft. Joe Henry gelingt es perfekt, die erdige, sinnliche und unglaublich ausdrucksstarke Altstimme durch einfach wirkende, aber ausgeklügelte Arrangements in strahlendes Licht zu stellen. Sowohl mit Joe Henry als auch mit Lizz Wright seit Langem verbundene Musiker wie die Gitarristen Chris Bruce, Marvin Sewell und auf einem Stück Marc Ribot, Drummer Jay Bellerose und Kontrabassist David Piltch zaubern einen wundervollen, leicht melancholisch wirkenden, tief in Soul, Gospel, Blues und Jazz verankerten Soundtrack, in dem Kenny Banks auf Piano und Hammondorgel, vor allem aber auch als Leiter eines stimmgewaltigen Gospelchores für ganz besondere Gänsehautmomente sorgt. Lizz Wright bringt die Stimmungen und Emotionen des Südens auf ihrem mittlerweile sechsten Album mit großer Intensität und Überzeugungskraft herüber und verbindet damit auch den Appell zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Natur und zur Menschlichkeit, was Joe Henry perfekt in Worte fasst: „In solch düsteren Zeiten sind wir als Musiker alle dazu aufgerufen, Brutalität mit wilder und umfassender Schönheit zu beantworten.“

(Concord/Universal)