Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Peter Füssl · 30. Mai 2016 · CD-Tipp

Laura Gibson: Empire Builder

Das vierte Album der amerikanischen Singer-Songwriterin Laura Gibson handelt in vielerlei Hinsicht von Aufbruch, Verlust und dem doch irgendwie Weitermachen. Denn als sie 2014 ihre Zelte in Portland/Oregon abbrach, Freunde, Familie und ihr gewohntes Umfeld endgültig hinter sich ließ, um mit dem titelgebenden Langstreckenzug „Empire Builder“ an die Ostküste zu reisen, ahnte sie noch nicht, dass in New York eine Katastrophe weit größeren Ausmaßes auf sie wartete. Am 26. März 2015 flog infolge einer Gasexplosion der gesamte Gebäudekomplex in der Lower East Side, in dem sich Gibsons Apartment befand, samt all ihrem Hab und Gut in die Luft – zwei Tote, zwei Dutzend Verletzte.

Von dieser Dramatik ist in den zehn Songs ihres bislang besten Albums wenig zu spüren, es ist vielmehr eine Atmosphäre der Ruhe nach dem Sturm, die sich hier in zeitloser Schöneit verbreitet. Mit ihrer gleichermaßen warmen wie sympathisch coolen Stimme, die im Gegensatz zu vielen anderen einschlägigen Sängerinnen nie ins Kleinmädchen- oder Elfenhafte abgleitet, schwankt sie zwischen melancholischen Erinnerungen und trotziger Aufbruchsstimmung, zwischen verlustbedingter Verunsicherung, neugewonnenem Selbstverständnis und selbstbewusster Entschlossenheit. Für den zwischen Folk und kammermusikalisch angehauchtem Indie-Pop angesiedelten Soundtrack holte sie sich erfahrene Musiker ins Studio nach  Oregon, die sich ihre Brötchen normalerweise bei Indie-Folk-Bands wie The Decemberists, Alternative-Rockern wie Death Cab for Cutie oder bei Neko Case verdienen. Für die wunderschönen und atmosphärisch äußerst wirkungsvollen Streicherarrangements sorgte ihr Landsmann Peter Broderick, der diesen Job auch schon für die dänische Indie-Rock-Band Efterklang erfolgreich erledigt hat. Ein rundum stimmiges Album, dessen neben „The Cause“ und dem Titelstück „Empire Builder“ bester Song „Not Harmless“ vielleicht schon in die künftige Richtung weist, die die wortgewaltige Laura Gibson einschlagen könnte: „You can pull me aside, hold me like a wounded bird, but I am not a prize, I am not harmless.“

(City Slang)