Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Peter Füssl · 23. Mär 2016 · CD-Tipp

Låpsley: Long Way Home

Adele und Grimes, James Blake und FKA Twigs müssen als Vergleichsgrößen herhalten, wenn es um die Charakterisierung des Debüt-Albums der 19-jährigen Engländerin Holly Lapsley Fletcher geht. Kein schlechtes Sample, in das die auf einschlägigen Internet-Plattformen schon länger erfolgreiche Newcomerin verortet wird, wenngleich sie ohnehin über genügend Kreativität und Eigenständigkeit verfügt, um auf Referenzgrößen auch verzichten zu können.

Ihre trotz aller Coolness emotional aufwühlende und durchaus wandlungsfähige Stimme ist das Hauptkapital des Kreativitätsbündels, das Piano, Gitarre und Oboe spielt, vor allem aber auch Erstaunliches aus dem Laptop hervorzuzaubern vermag. Electronic-Soul-Pop, mal näher an zeitgenössischem R’n’B, dann wieder an Glitch-Pop-Experimenten – aber stets eingängig und nicht so sperrig, dass ein breiteres Pulikum verschreckt werden könnte. Manches taugt auch perfekt für die Tanzfläche. Textlich lässt sich die mittels å etwas exotisierte Lapsley von ihrer Erlebniswelt inspirieren – soll heißen Herzschmerz, Verletztheit, Selbstmitleid, emotionales Chaos, Introvertiertheit und auch wohldosiertes Pathos. Manches bleibt an der Oberfläche, vieles überzeugt durch Tiefgründigkeit. Für „Long Way Home“ hat sie ihren Laptop aus dem Schlafzimmer ins große Studio geholt und den Egotrip zugunsten der äußerst effektiven Zusammenarbeit mit dem einschlägig sehr erfahrenen schottischen Producer Rodaidh McDonald (Adele, The xx, Savages, Daughter, Vampire Weekend) aufgegeben. So ist ihr Debütalbum zu einem intensiven Hörvergnügen geworden, das seine Attraktivität gleichermaßen aus der einprägsamen Stimme, den starken Melodien und spannenden Soundideen schöpft.

(XL/Beggars)