Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Peter Füssl · 05. Feb 2018 · CD-Tipp

Joachim Kühn New Trio: Love & Peace

Aus den immer wieder verblüffenden und Genregrenzen sprengenden Einspielungen des 73-jährigen, aus Leipzig stammenden und seit vielen Jahren auf Ibiza lebenden Pianisten Joachim Kühn lassen sich auf faszinierende Weise die letzten 50 Jahre Musikgeschichte, die er selbst auch maßgeblich mitgestaltet hat, heraushören - da ist Free Jazz à la Ornette Coleman ebenso drinnen wie Siebziger Jahre-Fusion, zeitgenössische Konzertmusik oder Klassik. Mit dem gleichermaßen sensibel wie einfallsreich agierenden Drummer Eric Schaefer und dem wendigen Bassisten Chris Jennings legt der nach wie vor experimentierfreudige Kühn mit "Love & Peace" das Nachfolge-Album zum hochgelobten New Trio-Debut "Beauty & Truth" aus dem Jahr 2016 vor.

Und es enthält wieder alle typischen Kühn-Elemente: starke Melodiefragmente, treibende Läufe, impulsive Einwürfe, dissonante Ecken und Kanten, Verträumtes und Explosives. Wie auf dem Erstling dieser Band sind auch wieder Kompositionen von Coleman und „The Doors“ zu finden – nachdem Kühn vor zwei Jahren „Riders On The Storm“ und „The End“ auf stimmige Weise ins Jazzidiom überführte, ohne den emotionalen Gehalt und den 68-er-Aufbruch-Hippie-Charme dieser Rock-Klassiker zu schmälern, glänzt er nun mit einer ausgesprochen lässig groovenden Version von „The Crystal Ship“. Aber auch Mussorgskys „Le Vieux Chateau“ aus den „Bildern einer Ausstellung“ fügt sich nahtlos ins Konzept ein, das von sechs gewohnt unkonventionellen Eigenkompositionen des Pianisten geprägt ist. Erwähnt seien das anfangs schräg drauflos galoppierende, eine Art seltsamer Country-Stimmung verbreitende „Mustang“, das melodiös-spannungsgeladene, filmmusikartige, auf dem Flug zwischen den beiden Städten geschriebene Stück „Barcelona – Wien“, oder die farbenreiche Neuinterpretation seines eigenen, bereits in unterschiedlichen Besetzungen musizierten, aufwühlend turbulenten Klassikers „Phrasen“. Jennings und Schaefer steuern mit dem munteren „Casbah Radio“ und dem nachdenklichen „Lied ohne Worte No. 2“ ebenfalls jeweils eine Komposition bei. Joachim Kühns New Trio kann sich mit dem zurecht gerühmten klassischen Langzeit-Trio des Pianisten mit Jean-Francois Jenny-Clark und Daniel Humair mittlerweile locker messen.

(ACT)