Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Peter Füssl · 30. Sep 2015 · CD-Tipp

Hommage à Eberhard Weber

Zu seinem 75. Geburtstag wurde der seit einem Schlaganfall im Jahr 2007 halbseitig gelähmte Ausnahmebassist Eberhard Weber nicht nur mit dem Jazzpreis des Landes Baden-Württemberg für sein einzigartiges Lebenswerk geehrt, sondern mit einer ganz außergewöhnlichen Hommage, an der seine Langzeitweggefährten seit den 1970er Jahren – Jan Garbarek, Pat Metheny, Gary Burton und Paul McCandless – mitwirkten. Die vorliegende CD ist der Mitschnitt zweier Konzertabende im Jänner 2015 im Theaterhaus Stuttgart, die für Eberhard Weber, der auf der Bühne saß, ein einzigartiges Erlebnis bereit hielt – nämlich gleichzeitig Akteur und Zuschauer zu sein. Denn Pat Metheny hatte die geniale Idee, Video-Mitschnitte von Eberhard Weber-Soli als zentrale Ausgangspunkte auszuwählen, zu arrangieren und mit seinen eigenen musikalischen Ideen zu einer halbstündigen Hommage zu kombinieren.

Die Videomitschnitte wurden während der Performance auf Leinwand gezeigt, während Garbarek, Metheny, Drummer Danny Gottlieb, Bassist Scott Colley und die exzellent aufgestellte SWR-Big-Band unter der Leitung von Helge Sunde live mit diesen Weber’schen Ton-Bild-Konserven interagierten. Metheny spricht von einer „neuen Art des Komponierens, die man als visuelles Sampling bezeichnen könnte“ – ein durch und durch gelungenes Experiment, das der vielschichtigen Persönlichkeit Eberhard Webers in jeglicher Hinsicht gerecht wird. Dieser hatte auf seinem elektroakustischen Eigenbau-Bass rund vierzig Jahre lang an seinem die Jazzgeschichte mitschreibenden Oeuvre gearbeitet – exzellente Technik und komplexe musikalische Ideen harmonierten auf ideale Weise mit emotionaler Wärme, Klangfarbenreichtum und melodischer Schönheit. Das prägte unter anderem auch die Musik Jan Garbareks maßgeblich, in dessen Band Weber von 1982 bis 2007 spielte. Der Norweger improvisiert auf dem Sopransax höchst einfallsreich in den achtminütigen „Résumé Variations“ zu Weber-Improvisationen vom Band. Vibraphonist Gary Burton beweist einmal mehr sein epochales Können und improvisiert mit „Oregon“-Saxophonist Paul McCandless, Altsaxophonist Klaus Graf und Ernst Hutter am Euphonium als wechselnde Partner über die Weber-Kompositionen „Touch“, „Maurizius“, „Tübingen“ und „Notes After an Evening“. Sie erweisen sich in den ausgefeilten Arrangements von Michael Gibbs, Ralf Schmid, Rainer Tempel und Libor Síma als absolut bigband-tauglich – ebenfalls eine neue Erkenntnis, die dieses mit magischen musikalischen Momenten gespickte Konzertereignis ans Tageslicht brachte. Der geehrte Eberhard Weber zeigte sich jedenfalls „überwältigt und sprachlos“, was angesichts dieser gelungenen Tonkonserve gut nachzuvollziehen ist.

(ECM/www.lotusrecords.at)