Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Peter Füssl · 01. Jän 2018 · CD-Tipp

Goran Bregović: Three Letters From Sarajevo

Sein Vater ist Kroate, seine Mutter ist Serbin, und verheiratet ist der 1950 in Sarajevo geborene Goran Bregović mit einer Bosnierin – folgerichtig fühlt sich der Musiker entgegen aller politischen Realitäten nach wie vor als Jugoslawe. Einst war er einer der erfolgreichsten Rockmusiker des Balkans, schrieb für 25 Filme den Soundtrack – unter anderem für Emir Kusturicas „Time of The Gypsies“, „Underground“ und „Arizona Dream“ – und tourt nun seit bald 20 Jahren mit seinem höchst erfolgreichen The Wedding and Funeral Orchestra ruhelos über den Globus. „Three Letters From Sarajevo“ ist aber eine echte Herzensangelegenheit des Komponisten und Orchesterchefs, wohnt er doch seit 2011 wieder in seiner Heimatstadt, die sich als Zentrum von Hass und Gewalt von den furchtbaren Ereignissen des Jugoslawien-Krieges noch lange nicht erholt hat.

Dabei galt diese Stadt jahrhundertelang als bravouröses Beispiel für das friedfertige Zusammenleben unterschiedlicher Ethnien, aber auch von Juden, Christen, Orthodoxen und Muslimen. Goran Bregović möchte mit seinem aktuellen Projekt die von chauvinistischen Machtmenschen geschaffenen Mauern zwischen Volksgruppen und Religionen wieder einreißen – als Trompeten von Jericho dienen ihm dabei neben seiner gewohnten Crew, die für längere Instrumentalstücke mit einem großen Orchester erweitert wird, vor allem auch exzellente Gesangs- und Streichersolisten. Dem algerischen Raï-Rocker Rachid Taha, der Spanierin Bebe, dem bosnischen Duo Sifet & Mehmed und den Israelis Asaf Avidan und Riff Cohen hat Bregović ebenso zündende Parts auf den Leib geschrieben, wie den Geigenstars Mirjana Nešković aus Serbien, Zied Zouari aus Tunesien und Gershon Leizerson aus Israel. Sie alle demonstrieren mit musikalischen Mitteln höchst eindrucksvoll, dass man die kulturelle Eigenheit eines Individuums nicht als Hindernis, sondern als enorme Bereicherung in einem übergeordneten Ganzen verstehen kann. Die elf elaborierten, emotional unter die Haut gehenden Stücke spiegeln Goran Bregovićs reichhaltige musikalische aber auch menschliche Erfahrungen wider, jedes für sich ist ein ins Auge springender Farbtupfer, in ihrer Gesamtheit ergeben sie ein wunderbar perfektes Bild. Hier kommen nicht nur – aber auch - Freunde des Balkansounds auf ihre Kosten.

(Mercury/Universal)