Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Peter Füssl · 29. Jän 2017 · CD-Tipp

Filippa Gojo Quartett: Seesucht

Zwei Jahre nach ihrem erfolgreichen Soloalbum „vertraum“ legt die aus Bregenz stammende und in Köln lebende Vokalistin Filippa Gojo nun das zweite Album ihres Quartetts mit Pianist/Keyboarder Sebastian Scobel, Kontrabassist David Andres und Perkussionist Lukas Meile vor. Die acht höchst abwechslungsreichen Titel erweisen sich als ideale Vehikel zur Präsentation der enormen gesanglichen Fähigkeiten Gojos. Der Umstand, dass der Großteil davon aus ihrer Feder stammt, verweist aber auch auf ihr außerordentliches sprachliches und kompositorisches Talent.

Stilistische Grenzen spielen keine Rolle, wenn die 28-Jährige mit ihrer perfekt aufeinander eingespielten und trotzdem vor Abenteuerlust strotzenden Band auf musikalische Entdeckungsreise geht. Jazz, Folk, Latin, Klangexperimente, freie Improvisationen, alles, was den dramaturgischen Spannungsbogen eines Stückes bereichert, Atmosphäre schafft und Spaß macht, wird in den reichhaltigen musikalischen Fundus integriert. Da steht eine wunderbar stimmungsvolle, traditionelle Interpretation von Ulrich Gabriels Ballade „Do Mo trinkt bloach osom Bach“ neben einer experimentell-explosiven Abhandlung zum Thema Zeit, in der Filippa Gojo ihr enormes gesangstechnisches Vokabular einsetzt. Beides im Vorarlberger Dialekt, der in fünf Titeln – unter anderem auch in einem vertonten Kaspar Hagen-Gedicht – Verwendung findet. Heimweh, Fernweh, Unterwegssein, Sehnsucht, auch „Seesucht“ als Anspielung auf den heimatlichen Bodensee, sowie elegische Kindheitserinnerungen sind zentrale Themen, die von Filippa Gojo und ihren Bandkollegen mit großem Gespür für Klangfarben und stimmige Effekte in Szene gesetzt werden. Manche Titel, wie das sechsminütige „My Water“ (das wie „Do Mo ...“ auch auf Gojos Soloalbum zu finden ist), durchlaufen unterschiedlichste Stil- und Stimmungsebenen – von sanfter Lyrik bis zu überbordender Dramatik inklusive akrobatischer Tonsprünge – und wirken dennoch wie aus einem Guss. Auch Scobel, Andres und Meile erhalten viel Raum, um ihr beachtliches Können ins Scheinwerferlicht zu rücken, agieren aber stets mit Bedacht auf das zentrale Element des Bandkonzepts, die in allen Facetten schimmernde, ausdrucksstarke und enorm abwechslungsreiche Stimme Filippa Gojos. Faszinierend! (Jazzhaus Records)

Konzert-Tipp: Auf die CD-Präsentation muss man hierzulande bis zum Wonnemonat warten: 4.5. Vorarlberg Museum Bregenz, 6.5. Zeughaus Lindau