Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Peter Füssl · 25. Mai 2017 · CD-Tipp

Feist: Pleasure

Die Kanadierin Leslie Feist lässt sich von der Musikindustrie nicht vereinnahmen, schon gar nicht treiben. Zwischen ihrem Erfolgsalbum „The Reminder“ und dem Nachfolger „Metals“ lagen vier Jahre, nun ließ sie sich gar sechs Jahre Zeit, um mit „Pleasure“ ein überaus starkes Lebenszeichen zu geben.

Die elf neuen Songs bieten das von Feist gewohnte Wechselbad der Gefühle – Selbstzweifel, Liebeskummer, Unsicherheit, verlorene Träume, Einsamkeit, unerfüllte Sehnsucht und Zurückweisung werden ziemlich unverstellt thematisiert und auf möglichst direktem Weg an die Köpfe und Herzen der HörerInnen weitergegeben. Größtenteils live aufgenommen – die normalerweise eliminierten Nebengeräusche des Aufnahmegerätes vermitteln Direktheit – setzt Feist auf Unmittelbarkeit und effektvoll eingesetzte Kontraste. Zart-melancholisches Akustikgitarrengeklimper und beinharte Breitseite auf der E-Gitarre, zärtlich in höchsten Höhen schimmernder, glasklarer Elfengesang und handfest im PJ-Harvey-Stil Dahergerotztes stehen unvermittelt nebeneinander und machen klar, dass hier jemand sein Innerstes nach außen stülpt. Das wirkt oft ziemlich rau und reduziert, verzichtet aber keineswegs auf Technikeffekte. Feist hat in Kooperation mit ihren bewährten Weggenossen Mocky und Renaud Letang auch einige Besonderheiten eingeflochten, wie Kneipengesang, Straßengeräusche, seltsame Klangbilder, eine kurze Spoken-Word-Performance von Jarvis Cocker oder eine Heavy Metal-Sequenz ihrer Freunde von Mastodon. „Pleasure“ ist ein höchst abwechslungsreiches Vergnügen voller magischer Stimmungen, unwiderstehlicher Gefühls- und Gesangsakrobatik und durchwegs exzellenter und fesselnder Songs – das bislang beste Album von Feist, und ein sicherer Anwärter auf eine Spitzenposition in den Jahres-Besten-Listen.

(Polydor/Universal)