Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Peter Füssl · 26. Jän 2018 · CD-Tipp

Camila Cabello: Camila

Ihre letzten August herausgekommene Single "Havana" wurde weltweit platiniert und vergoldet, schaffte es in 88 Ländern in die "Top Ten", wurde allein auf Spotify 306 Millionen mal gestreamt und das Musikvideo dazu wurde auf youtube rund 500 Millionen mal angeklickt. Auch ihr am 12. Jänner veröffentlichtes Album "Camila" schoss rekordmäßig innerhalb von 24 Stunden in 100 Ländern auf Platz 1 der iTune-Charts und weltweit in die Spitzenpositionen der Pop-Charts. Klingt irgendwie nach Star aus der Retorte, immerhin startete Camila Cabello ihre Karriere ja auch als Mitglied der Casting-Show-Girlband Fifth Harmony, von der sie sich vor zwei Jahren trennte.

Die 20-jährige, in Miami aufgewachsene Tochter eines Mexikaners und einer Kubanerin, ist sicherlich nach kommerziellen Maßstäben gemessen ein Ausnahmetalent, sie versteht es aber auch geschickt, die derzeit grassierende Latino-Pop-Welle für sich zu nützen, ohne sie zu Tode zu reiten. Neben dem gemeinsam mit Pharrell Williams und weiteren Co-Writern geschriebenen und mit dem Rapper Young Thug inszenierten tanztauglichen Super-Hit „Havana“ können die restlichen zehn Songs auf dem zwar nur gut eine halbe Stunde dauernden, aber abwechslungsreichen Debut-Album durchaus bestehen. Inhaltlich geht es altersgemäß um Liebe, Liebeskummer, Verlust und Einsamkeit, musikalisch teilt es sich in clubtaugliche up-tempo Dance-Songs („She Loves Control“, „Inside Out“, „Into it“, „In The Dark“) und romantisch-gefühlvolle Balladen, mit denen sie das Latino-Revier verlässt. Das wirkungsvoll auf reine Piano-Begleitung reduzierte „Consequences“ ist vielleicht das schönste Beispiel dafür, aber auch Songs wie „Real Friends“, „All These Years“, „Never Be The Same“ oder „Something’s Gotta Give“ verströmen eine angenehm melancholische Mainstream-Pop-Atmosphäre. Camila Cabellos angeraute, ausdrucksstarke Stimme nimmt in ihrer jugendlichen Leidenschaftlichkeit durchaus gefangen, einige der manchmal etwas aufgesetzt wirkenden Verfremdungseffekte hätte man sich auch sparen können. Insgesamt hat das Produzententeam um Frank Dukes, Skrillex und T-Minus aber exzellente Arbeit geleistet, denn „Camila“ wirkt durchwegs authentisch als temperamentvolles musikalisches Statement einer hochtaltentierten jungen Frau. Dass sie eine Latina ist, macht das Ganze in Zeiten wie diesen zusätzlich reizvoll, denn rassismusverdächtige Hohlbirnen wie Donald Trump und seine Wählerschaft müssen sich angesichts solcher Erfolgstorys wohl die Ohren zumauern.

(Syco/Epic/Sony)