Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Peter Füssl · 08. Feb 2016 · CD-Tipp

Ben Monder: Amorphae

Bedürfte es noch eines Beweises für die ungeheure Versiertheit und Vielseitigkeit des 53-jährigen Gitarristen Ben Monder, der auf rund 180 Studioproduktionen vertreten ist, so würden schon drei der hier besprochenen Neuveröffentlichungen dieses Monats ausreichen. Denn der New Yorker greift sowohl auf dem ACT-Debüt von Frank Woeste, als auch auf David Bowies „Blackstar“ äußerst effektiv in die Saiten, und legt zugleich bei ECM unter eigenem Namen sein Debütalbum mit Duo und Trio-Improvisationen vor. Dass es sich bei seinen Partnern um die Ausnahmeschlagzeuger Paul Motian und Andrew Cyrille handelt, macht die Angelegenheit natürlich umso spannender.

Eigentlich sollte es ein Duo-Album mit Motian werden, in dessen Electric Bebop Band Monder spielte, aber bedauerlicherweise kam 2010 nur eine Session zustande, ehe der legendäre Drummer erkrankte und verstarb. Bei einem Gedächtniskonzert für Motian kam der Gitarrist mit dem durch seine Zusammenarbeit mit Cecil Taylor bekannt gewordenen Andrew Cyrille in Kontakt und erkannte in ihm gleich einen passenden Duo-Partner. „Was Paul und Andrew gemein hatten, war ihre erstaunliche Fähigkeit zuzuhören. Sie boten ihren Spielpartnern den bestmöglichen Kontrapunkt, stets kreativ, nie offensichtlich – und sie wahren immer die Balance zwischen der Zurückhaltung ihrer eigenen Stimme und der Reaktion auf die Stimmen anderer.“ So zaubert Monder auf seiner gewohnten Ibanez AS-50, auf einer Baritongitarre und auf einem sechssaitigen Fender Bass eine Vielzahl an unterschiedlichsten Klangwelten, experimentiert mit Skalen, Stimmungen und Tonhöhenänderungen und tritt jeweils zweimal in spannende Dialoge mit den beiden Drummern. Auf zwei Improvisationen gesellt sich schließlich auch noch der Synthesizer-Spezialist Pete Rende mit seiner riesigen Gerätschaft zu Cyrill und Monder. „Im Studio sah es aus wie bei einem Yes-Konzert, mit Stapeln von Synthesizern und Modulen. Aber ich liebe es mit solchen Sounds zu spielen, seit ich als Teenager ein Prog-Rock-Fan war,“ zeigt sich Monder amüsiert und begeistert zugleich. Dass er solch gewaltige Klangschichtungen aber auch im Alleingang zu bewerkstelligen versteht, beweist er mit zwei vielschichtigen Soloimprovisationen zum Auftakt und als Ausklang dieses bemerkenswerten Albums.

(ECM/www.lotusrecords.at)