Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Peter Füssl · 26. Mär 2018 · CD-Tipp

Arild Andersen: In-House Science

Man wäre gerne dabei gewesen, am 29. September 2016 in der PKS Villa Rothstein in Bad Ischl, als der norwegische Bassist Arild Andersen, der schottische Tenorsaxophonist Tommy Smith und der italienischstämmige, in Norwegen lebende Drummer Paolo Vinaccia diese sechs zwischen acht und elf Minuten langen Andersen-Kompositionen eingespielt haben. Wiederholungstäter im besten Sinne des Wortes, denn bereits vor zehn Jahren veröffentlichte das furiose Trio den vielgelobten Konzertmitschnitt „Live at Belleville“ und 2014 das Studio-Album „Mira“, von dem sie nun das Titelstück und die Komposition „Blussy“ in etwas ausschweifenderen Live-Fassungen präsentieren.

Wir haben es hier mit einem echten Power-Trio zu tun, das zwar auch atmosphärisch bezaubernde Soundgemälde kreieren kann, diese dienen allerdings hauptsächlich als notwendige Ruhe-Inseln zwischen kraftstrotzenden, pulsierenden, hochenergetischen Eruptionen, bei denen sich die exzellenten Techniker durchaus gerne von ihrer muskulösen Seite zeigen. Für Jazztraditionalisten wäre es von der Papierform her vielleicht klar, wer hier soliert und wer begleitet, Andersen, Vinaccia und Smith durchbrechen das gewohnte Rollenspiel aber permanent und improvisieren als völlig gleichberechtigte Partner. Die äußerst ausdrucksstarken, ungemein intensiven und sich oftmals zu überblasenen Eruptionen steigernden Saxophonparts des Schotten gehen natürlich besonders unter die Haut, aber auch die fesselnde Rhythmusarbeit Vinaccias und Andersons vielseitige und farbenreiche Könnerschaft auf dem Kontrabass ziehen einen in den Bann. Wie perfekt die Chemie innerhalb dieses kongenialen Trios stimmt, zeigt sich in unzähligen Duo- und Gruppenkonversationen aller Beteiligten, was natürlich auch zur durchwegs hörbaren Spielfreude beigetragen hat. Auch ein außermusikalischer Hinweis sei an dieser Stelle erlaubt: Angesichts der von der türkis-blauen Regierung populistisch manipulierten Diskussionen zur Zukunft des ORF sei darauf hingewiesen, dass dieses exzellente Album auf einem Ö1-Mitschnitt basiert – die von der Regierung verhätschelten, profit- und quotenorientierten Kommerzsender wären daran sicher nicht interessiert gewesen.

(ECM/www.lotursrecords.at)