Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Peter Füssl · 18. Feb 2014 · CD-Tipp

Aki Takase La Planète: Flying Soul

Aki Takase am Piano, Louis Sclavis an Bassklarinette, Klarinette und Soparansax, Dominique Pifarély an der Violine und Vincent Courtois am Cello – schon allein beim Lesen des ungewöhnlichen Line-ups geraten Kenner ins Schwärmen, hat sich die in Berlin lebende japanische Pianistin doch die Crème de la Crème der zeitgenössischen französischen Szene ins Studio geholt. La Planète nennt sich dieses Quartett, das Takase mit Hilfe ihres langjährigen Duo-Partner Sclavis zusammengestellt hat, um ihre musikalischen Gedanken zum Roman „Flying Soul“ ihrer in Hamburg lebenden Schriftsteller-Freundin Yoko Tawada zu realisieren.

Protagonistin dieser symbolhaften Geschichte um einen mythischen Ort, an dem geheimnisvolle Frauengestalten eine märchenhafte Handlung durchleben, ist die Sprache selber, bzw. sind es die vielfältigen Möglichkeiten, die sich aus mehrdeutigen Assoziationen ergeben. Irgendwo im Spannungsfeld zwischen Jazz und zeitgenössischer Kammermusik entwirft Aki Takase bewegende Stimmungsbilder und expressive Charakterstudien, die nur 51 Sekunden oder auch 9 Minuten lang sein können. Stets umweht etwas Geheimnisvolles diese spannenden Klangwelten, die von höchst impulsiv daherkommenden Wesen, witzigen Kobolden oder verträumten Feen bevölkert werden. Die Stücke wechseln nicht selten abrupt ihren Charakter, hier sind von den Musikern höchste Sensibilität und blitzschnelle Wandlungsfähigkeit gefordert. Diese nehmen die außergewöhnliche Herausforderung mit hörbarer Spielfreude an und lassen auch den zweiten Teil des Albums, der sich nicht mehr mit der literarischen Vorlage beschäftigt, zum Erlebnis werden: eine an sich selbst verrückt werdende „Tarantella“, ein schräger „Moon Cake“ und Alexander von Schlippenbachs „Twelve Tone Tales“ als einzige Fremdkomposition sind ideale Spielwiesen für diese ausgefuchsten Virtuosen, ehe diese faszinierende CD mit „Piece for ‚La Planète’“ einen mit faszinierenden Klangideen prall gefüllten, wunderschön melancholischen Ausklang findet. Nach dem Hören dieser CD kann man sich Yoko Tawadas Schilderung ihrer Hörerfahrungen durchaus anschließen: „Ich weiß nicht, wo oben ist und wo unten. Aki Takase führt mich in eine Räumlichkeit, die mir neu und abenteuerlich erscheint, aber gleichzeitig so vertraut vorkommt. Es gibt permanente Drehungen der Perspektive. Mir wird schwindelig, als würde ich mit einer Achterbahn durch einen Urwald fahren.“ Ja, aber es ist eine höchst angenehmer Schwindel!  
(Intakt Records)