Ethan Coen hat seinen ersten Spielfilm als Soloregisseur gedreht: „Drive-Away Dolls“. (Foto: Focus Features)
Peter Füssl · 06. Sep 2017 · CD-Tipp

Adam Bałdych & Helge Lien Trio: Brothers

Den 31-jährigen, in New York lebenden, vielfach mit renommierten Preisen ausgezeichneten Polen Adam Bałdych halten viele für den führenden Jazz-Geiger der Gegenwart – ein Ruf, den er sich nicht zuletzt mit einer Reihe erstklassiger Alben beim Münchner ACT-Label erspielte. Dabei arbeitet er häufig mit exzellenten Pianisten zusammen, etwa dem Finnen Iiro Rantala, dem Israeli Yaron Herman oder eben dem Norweger Helge Lien, mit dem er vor zwei Jahren das hervorragende Album „Bridges“ veröffentlichte und nun, als weiteren Geniestreich, „Brothers“ vorlegt.

Der Titel ist einerseits als Hommage an den verstorbenen Bruder des Geigers zu verstehen, verweist andererseits aber auch auf die unglaubliche Nähe und Vertrautheit, die diese bestens aufeinander eingespielten Musiker miteinander verbindet, was zu höchst eindrucksvollen musikalischen Ergebnissen führt. In den acht Eigenkompositionen des Saitenzauberers, in die sich Leonard Cohens „Hallelujah“ als einzige Fremdkomposition nahtlos einfügt, spannen Bałdych, Lien, Bassist Frode Berg, Drummer Per Oddvar Johansen und Saxophonist Tore Brunborg als Gast einen weiten emotionalen Bogen zwischen lyrischer Verträumtheit, elegischer Nachdenklichkeit und kraftstrotzender Lebensfreude. Ob zartestes Klanggespinst, bittersüß schmelzender Wohlklang, lässige Grooves oder dringliche Rockattitüde - die Virtuosität aller Beteiligten ist unüberhörbar, steht aber nie im Vordergrund. „Unsere Musik ist ‚schmutziger’ und wilder als beim vorigen Album ‚Bridges’, wir balancieren auf dem Grat zwischen Schrei und Stille – so wie die heutige Welt, in der Freude und Leid Seite an Seite koexistieren“, schildert Bałdych seine Überlegungen zur neuen Produktion, die seine bislang beste ist. Und das mag etwas heißen!

(ACT)