Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Peter Füssl · 14. Sep 2015 · CD-Tipp

Adam Bałdych & Helge Lien Trio: Bridges

Der 29-jährige Pole Adam Bałdych katapultierte sich mit nur wenigen, preisgekrönten Alben im Rekordtempo in die Spitzenliga des europäischen Jazz – „zweifellos der größte lebende Geigentechniker des Jazz“, zeigte sich nicht nur die „FAZ“ begeistert. Nun hat der geniale Virtuose, der unglaublich Zartes und druckvoll Zupackendes aus seinem Instrument zu zaubern vermag, der gerne in spätromantisch anmutenden Melodien schwelgt, sich an dynamischen Raffinessen erfreut und rhythmisch Vertracktes einfach mal so aus dem Ärmel schüttelt, in Helge Lien eine Art Alter Ego am Piano gefunden.

Der um zehn Jahre ältere Norweger verknüpft mit seinem Trio seit vielen Jahren amerikanische und nordische Einflüsse – von Brad Mehldau bis Esbjörn Svensson, wenn man so will – und teilt mit Bałdych die Vorliebe für Chopin und Debussy. Liens Langzeitweggefährte Frode Berg am Bass und Per Oddvar Johansen, der vielleicht gefragteste und vielschichtigste Drummer des Nordens, liefern das ideale rhythmische Fundament als Startbasis für die farbenfrohen und abwechslungsreichen musikalischen Erkundungsreisen von Bałdych und Lien, die mitunter eine gnadenlose Sogkraft entwickeln können. Die Grenzen zwischen Komposition und Improvisation werden hier ebenso belanglos wie jene zwischen den Genres. So fügt sich schließlich auch das hypnotisch groovende „Teardrop“ der britischen Trip-Hop-Pioniere Massive Attack nahtlos in die Bałdych-Eigenkompositionen ein. Dieser hatte als Generalthema für das Album, was für solch einen Vollblutmusiker originell erscheinen mag, das Thema „Stille“ gewählt: „Ich habe Stille als Heilung erfahren, deshalb habe ich hier nach Klängen gesucht, die aus dem Flüstern kommen.“ Wie auch immer: nie klang Stille schöner!

(ACT)